Volltext: Geschichte der Gemeinde Triesen

Vom Hof zum Dorf 
dem Kloster St. Johann im Thurthal 8 leibeigene Personen um 72 Pfund 
Pfennige. Aus dem Gesagten erklärt es sich leicht, dass von Geschwisterten 
das Eine diesem, das Andere einem andern Herrn, dass sogar eine Person 
zur Hälfte diesem, zur Hälfte einem andern Herr angehören konnte, 
d.h. zweien Herren zu Dienst verpflichtet war, wenn das Lehengut zwei 
Eigentümer hatte. Kinder aus solchen hörigen Familien und ihre weiteren 
Nachkommen gehörten dem Herm, dem die Eltern angehörten, mochten 
sie sich aufhalten wo immer. Dazu gehörten die Leute einer und derselben 
Ortschaft oft verschiedenen Herren an und hatten auch die demselben Her 
ren gehörigen Leute nicht dieselben Pflichten gegen ihn. Die Einen waren 
von allen Verpflichtungen frei, mit Ausnahme der Wehrpflicht gegen 
freindliche Überfälle; sıe hiessen Sonderleute oder Semperfreie; andere 
waren zwar von Steuern frei aber nicht von Frondiensten; wieder andere 
hatten Abgaben, Frondienste und Kriegsdienst zu leisten. Von gewissen 
Gütern musste der Lehenzins in Naturalıen, Kleidern (Tuch) oder Waffen 
geliefert werden. So heisst ein Acker im Triesnerfeld «die Helebarten», weil 
der Pächter jenes Gutes seinen jährlichen Zins in solchen Waffen entrichten 
musste. Ein anderer Acker heisst der «Eieracker», weıl der Pachtzins mit 
Eiern erlegt wurde. 
Heiraten sollen nur unter Leuten gleicher gesellschaftlicher Stellung 
geschlossen werden. Geschah dies nicht, so folgten die Kinder «der schlech- 
teren Hand», d.h. wenn der Vater oder die Mutter leibeigen war, so wurden 
alle Kinder es auch. Wenn unter Figenleuten verschiedener Herren Ehen 
eingegangen und Kinder vorhanden waren, so wurden diese unter die Her 
ren Dei 
Wollte eine wegziehende Person fortan von Abgaben frei sein, so 
musste sie sich auslösen und den «Abzug» bezahlen, wenn sie in ein Gebiet 
auswanderte, das jenseits des Arlbergs, oder des Bodensees, oder des Walen 
sees, oder der Landquart lag. 
Starb ein leibeigener Gutsbesitzer, oder der Inhaber eines grösseren 
Erblehens, so musste von seiner fahrenden Habe das «Besthaupt» oder die 
«Kurmede>», d.h. das beste Stück Vieh, oder das beste Bett, oder Kleid dem 
Grundherren überlassen werden. Das war der verhassteste Tribut, der um 
das Jahr 1500 aber aufhörte. War eine bestimmte Reihe von Jahren verstri- 
chen oder der Lehenherr gestorben, so musste der Lehenmann dem neuen 
Lehenherm eine bestimmte Summe Geldes geben, die man «Ehrschatz» 
oder «Laudemium>» nannte. . . 
Übrigens konnte ein Leibeigener sich auch aus ersparten Mitteln los- 
kaufen, so dass das Gut, auf dem er sass, sein Eigentum wurde. Nicht selten 
aber begaben sich freie Leute freiwillig in die Leibeigenschaft, besonders in 
die der Klöster, um des Schutzes und der Privilegien derselben teilhaftig zu 
werden. So übergab der oben erwähnte Ritter Ulrich von Richenstein sein 
Vermögen und sıch selbst dem Kloster Pfäfers, das ihm, so lange er lebte, 
freien Lebensunterhalt und ein schönes Taschengeld geben musste. Oft 
waren auch die Herren zu Zeiten der Not gezwungen, ihren Hörigen gegen 
Hilfeleistung in Waffen die Freiheit zu geben und die Leibeigenschaft in 
freie Unterthanenschaft zu verwandeln, oder ihren Grund und Boden 
ihren Eigenleuten um ein Billiges zu verkaufen. So bildeten sich vorerst das 
Lehenwesen und nach und nach die heutigen Verhältnisse heraus. 
Die Entlassung eines Leibeigenen aus dem Stande der Leibeigen- 
schaft und seine Erhebung in den Stand eines freien Mannes geschah durch 
eine Ceremonie, die darın bestand, dass ihm eine Silbermünze aus den 
Händen geschlagen wurde.» 
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