Vom Hof zum Dorf
Gemeinden beim Oberamte, wenn Verhandlungen über das Gemeinde-
wohl gepflogen werden; durch sie werden Kameral-Abgaben und Steuern
eingehoben und an die Behörde abgeführt, daher künftig die von Landam-
nännern geführten Landschaftsrechnungen nicht mehr erforderlich wer-
den, die ohnehin nur die Gelegenheit zu verschwenderischen Ausgaben
und Saufgelagen auf Kosten der Landschaft gegeben haben».
bb) In der Proklamation Landvogt Schupplers vom 12. 6. 1809
heisst es: «Ihr seid keine Republikaner, ihr habt nie zur Gerichtspflege eın
Recht gehabt, ihr habt auch keines verloren, und wenn ihr nun mehr
glaubt, dass niemand da ist, der für euch redet, so weise ich auf eure
Gemeindevorsteher, die mit mehr Nachdruck als zuvor das Wohl ihrer
Gemeinden vertreten können...» Kaiser-Büchel bewertet in der
Geschichte Liechtensteins dieses wie folgt:
«1806-1815... Die Fürsten des Rheinbundes, zur Souveränität
gelangt, liessen die alten Verfassungs- und Verwaltungsformen eingehen;
die Landstände schaffte man ab. Das Volk verlor seine gesetzlichen Organe
und Vertreter, und das System der Volksbevormundung, des Beamtenme-
chanismus wurde über die Länder des Rheinbundes ausgebreitet. Alle Selb-
tändigkeit und Würde der Regierten hörte auf; alle Freiheit in Rede und
Schrift ward unterdrückt. . . Mit der Aufhebung der Reichsverfassung ver-
schwanden auch die Gesetze, an welche Fürst und Volk gebunden
waren...
An Stelle der Landsgemeinden, wo mehrere Dörfer zusammen eine
Gemeinde gebildet hatten, traten nun die einzelnen Dörfer als eigene
Gemeinden mit einem Richter, einem Säckelmeister und vier Geschwore-
nen...
Von einer wahren Gemeindeautonomie konnte keine Rede mehr
sein, denn die Gemeinden besassen nicht einmal mehr das Recht, ıhre Vor-
zesetzten frei zu bestellen. An Stelle der Gemeindeversammlung mit
Beschlussrecht trat der Befehl des Oberamtes. Der Richter - gemeint der
vom Landvogt vorgeschlagene Gemeindevorsteher - war ein Funktionär
des Landvogts geworden».
Erst mit der neuen Gemeindeordnung von 1842 und dem
Gemeindegesetz von 1864 - das in seinen Grundzügen heute noch gilt -
zrhielten die Gemeinden das Recht der Selbstverwaltung wieder zu-
rück.
Die Weiterentwicklung des Gemeinderechtes im 19. Jahrhundert
Die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts ist gekennzeichnet durch die
vielen Streitigkeiten über die Aufteilung der bis dorthin bestandenen
sog. Gemeinheiten (gemeinsames Weideland, Grundbesitz belastet mit
dem Atzungsrecht etc.). Die Gemeindegenossen verlangten besonders
schon gegen Ende des 18. Jahrhunderts eine vollständige Neuordnung
des Nutzungsrechtes am Gemeindeboden und Wald, wobei als Grund-
lage des Anspruches das Heimatrecht, das ist das Bürgerrecht ın einer
Gemeinde, dienen sollte.
Seitens der Regierung (Landvogt als Vertreter des Landesfürsten)
wurde auf eine Aufteilung der Gemeinheiten und auf ein Überlassen des
Gemeindebodens zu den Häusern gedrungen (sog. bestiftete Güter
geschaffen oder wie man heute noch sagt: «zu den Häusern geschrieben»).
Die Bevölkerung wollte durchwegs nicht. Um 1750 besass in Triesen
rund ein Drittel keinen vollen Anteil mehr am Gemeindenutzen. Er war
den Hausbesitzern und Viehbesitzern zugewiesen.
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