Vom Hof zum Dort
ten. Triesen erstand an der alten Römerstrasse, die als Reichsstrasse
durch die staufischen Kaiser (1138-1254) wieder für die Alpenüber-
gänge ausgebaut wurde. Die ersten Siedler hatten viel zu roden und
mussten noch Rüfen und Rhein ausweichen oder Siedlungen und Wege
verlegen.
Wie sich die ersten Siedler politisch ordneten, das heisst, wie sıe
sıch verwalteten, darüber fehlen uns zuverlässige Urkunden oder andere
Zeugen. Bis etwa 1200 fehlt es meist an entsprechenden Urkunden.
In dieser Zeit taucht der Name Triesen noch nicht auf, obwohl es
an der Heerstrasse gelegen war. Triesen muss damals den grösseren zu
Königsgut erklärten ehemaligen römischen Höfen zugeteilt gewesen
sein, vermutlich zu Balzers.
Entscheidend für die Änderung der politischen und damit verwal-
zungsmässigen Ordnung unseres Landes ist die Unterwerfung unter die
Römer im Jahre 15 v. Chr. Damit verloren die Räter ihre Freiheit und,
was ebenso wichtig war, ihr privates Eigentum an Grund und Boden.
Die Sieger, das waren die Römer, erklärten alles eroberte Land als Kai-
sergut. Damit statteten sie die von ihnen aus Sicherheitsgründen ange-
legten Kastelle aus. Der Herrscher im Kastell war auch der Herrscher
über das dazugehörende, besser gesagt: zugeteilte Gut, der Bauer und
frühere freie Eigentümer sank in ein Abhängigkeitsverhältnis.
So entstand das Mischvolk der Rätoromanen, dessen Sprache die
alte keltische im 3./4. Jahrhundert nach Chr. verdrängte. Rätoroma-
nisch verblieb als Volkssprache bei uns bis ins 11./12. Jahrhundert herauf
und wurde erst nach und nach durch die nachdrängenden Alemannen
von der deutschen Sprache abgelöst. Rätoromanischem Kulturgut
begegnen wir in unserem Lande auf Schritt und Tritt, sei es in den
Bodenfunden, sei es in den Flur- und Ortsnamen oder immer noch ın
sprachlichen Ausdrücken des täglichen Lebens. Bodenfunde stehen im
Zusammenhange mit den Heerstrassen durch unser Land und den von
den Römern erbauten Kastellen und Wachttürmen. Sehr viele Flur-
namen weisen gerade in Triesen auf die rätoromanische Zeit hin wie
etwa: Vanola, Vavanola, Silvaplana, Gartnetsch (grosser Hof), Gapont
(Brücke). Im täglichen Gebrauch hören wir noch: Serela, Buschla,
Trienza, etc.
Sicher bestand damals bereits das Dorf Triesen, aber in ihm
regierten verschiedene Grundherren. Die römischen Kaiser bezahlten
mit dem den Kelten als Kaisergut abgenommenen Land ihre Verwalter,
ihr Soldatenvolk, indem sie Solche Höfe mit bestimmten Aufgaben ent-
weder als Eigentum oder gar Verwalter zuwiesen mit dem Rechte, zu
«regieren», zu verwalten und zu richten. Rom war weit weg. Es ist
sekannt, dass sich solche Grundeigentümer immer mehr Macht und
Eigenständigkeit anmassten.
Was blieb der Landwirtschaft betreibenden Bevölkerung noch
offen zur Selbstverwaltung? Meistens waren es rein nutzungswirtschaft-
liche Belange: Regelung der Weidzeiten, der Alpbenutzung, der Wald-
versorgung, der Rodung neuen Landes, Abwehr der Landesnöte und
anderer untergeordneter Belange. Alles andere lag in der Gerichtsbar-
keit des Grundeigentümers oder seines Verwalters.
Der alte Rechtszustand ändert sich auch nicht wesentlich unter
den fränkischen Königen ab 476. Selbst die zentralistischen Massnah-
men der karolingischen Herrschaft, die 806 für Rätien die Trennung der
weltlichen von er kirchlichen Gewalt bringen sollte, ebenso die weıter-