Volltext: Geschichte der Gemeinde Triesen

jagen 
Namen.» Eine Witwe aber sagte, sie treibe ihre Kuh 
ıllein in Gottes Namen auf. 
Zines Tages trieben die Alpknechte das Vieh vom 
Lawenastall gegen die Rote Wand. Kaum waren die 
<ühe recht auf der Weide, als sich eine Felswand 
‚öste und mit lautem Getöse zu Tal stürzte. 
Alles Vieh und die Herden wurden begraben, nur die 
Kuh, die in Gottes Namen aufgetrieben worden war, 
olieb am Leben. 
in einer anderen Fassung der Sage heisst es: 
Der Hirt in der Alpe soll ein Riese gewesen sein. Das 
Felsstück deckte ihn mit den Kühen zu; nur die Kuh 
einer armen Witwe blieb geschützt. Weil der Hirt 
Deli (Fidel) geheissen hat, spricht man noch heute 
vom «Deliszug». 
Der Kuhbanner 
Auf Guscha hütete vor Zeiten ein junger Triesner das 
Vieh. Dort hatte ein Bauer eine Tochter gleichen 
Alters, und die beiden sahen sich gern. Unglückli- 
cherweise entstammte der Küher einem jener drei 
Geschlechter, die nach dem Volksglauben keine 
Ruhe finden sollten, sondern dazu verdammt waren, 
m «Rasslatobel» zu geisten und die Sünden ihrer 
Vorfahren zu büssen. 
[m Herbst vor dem Heimgang fasste sich der Junge 
doch ein Herz und bat den Bauern um die Hand sei- 
aer Tochter. «Einem Katholiken und noch dazu 
zinem Tobelhocker gebe ich meine Tochter nie zum 
Weibe», war die Antwort. Wohl zersprengten die 
harten, ungerechten Worte dem Jüngling fast das 
Herz, doch konnte er sich beherrschen und antwor- 
;ete scheinbar gelassen: «Du wirst deine Antwort 
>ereuen und noch an mich denken», und er verliess 
Haus und Guscha, 
Etwa eine Stunde später, der Hirt hatte die Fläscher 
Unter-Steigwiesen erreicht, entstand unter der Vieh- 
habe furchtbare Aufregung. Wie immer nach der 
Alpentladung weideten die Kühe unbehirtet auf den 
Gütern. Mitten in der Herde stand die schönste Kuh 
des Bauern. Plötzlich fing sie an, unter furchtbarem 
Gebrüll talwärts zu rutschen, ohne sich wehren oder 
die Richtung ändern zu können. Sie rutschte auf allen 
vieren, und die Schrammen der Füsse sollen noch 
lange sichtbar gewesen sein. 
Durch das Gebrüll der übrigen Tiere aufmerksam 
zemacht, sahen die Guschner, wie die Kuh erst in den 
untersten Gütern, wo eigentlich kein Tier mehr tro- 
len konnte, sich überschlug, bis sie zerschellt in den 
«Guschenköpfen» lag. 
U war die Rache des Hirten, der die Kuh gebannt 
atte. 
Die Franzosen und der Wein 
Als die Franzosen im Lande waren, lagerten sie bei 
Triesen am Rhein, und von dort aus kamen sie ins 
Oberdorf hinauf und raubten das Vieh. Besonders 
hatten sie es aber auf den Wein abgesehen, den sie aus 
allen Kellern holten und in Waschgelten füllten, so 
voll, dass es zu beiden Seiten herausplatschte, wenn 
sie die Last in ihr Lager trugen. 
In einem Hause hatte ein alte Frau ihre Habseligkei- 
:en in den Keller geflüchtet und einen Holzstoss vor 
der Tür aufgeschichtet. Die Soldaten entdeckten 
aber das Geheimnis, drangen in den Keller ein, raub- 
zen ihn aus und tranken sich Räusche an. 
Die Bäuerin kam dazu und bat, man möge ihr wenig- 
stens ein kleines Fässchen mit altem Wein lassen. 
Darauf schlug ein Grenadier den Spund aus dem 
Fass, so dass sich der Wein in den Keller ergoss, und 
ar gröhlte dazu in gebrochenem Deutsch: «Ja, gute 
Frau, ist eben Krieg.» 
Das Hungerjahr 1817 
1817 war das grösste Hungerjahr unserer 
Geschichte. Ein Bäcker soll damals aus Obst- und 
Weintrester Brot gebacken und an die Hungernden 
verteilt haben. 
In Triesen war ein Mann, der rühmte sich: «Ich habe 
immer genug, ich kann den Segen Gottes noch 
verkaufen.» Und er verlangte unverschämte Preise. 
Die Hungersnot dauerte aber länger, als er gerech- 
net hatte. Bald besass er selbst nichts mehr, und 
zerade dieser Mann ist verhungert. Gott lässt nicht 
spotten. 
Der Fällitritt 
In ganz alten Zeiten war die Grenze zwischen Trie- 
sen und Triesenberg im Matteli-Wald. Hier war der 
3aumwuchs ganz dicht, und man konnte einander 
leicht beim Holzen hintergehen. 
Nun kamen die Berger und die Triesner in Grenz- 
streit, und schliesslich wandten sie sich an den Land- 
‚ogt und brachten den Fall vor. Dem aber gefiel der 
Wald gar nicht schlecht, und er nahm den beiden 
Gemeinden den Wald weg. Er machte nicht nur kur- 
zen Prozess, sondern bedankte sich auch noch höh- 
nisch, indem er sprach: «Ich nehme euch den Zank- 
ıpfel weg, ihr könnt also in Frieden heimgehen. Die 
Sache ist erledigt.» Die Parteien gingen aber nicht in 
Frieden, sondern in Zorn nach Hause. 
Nach seinem Tode aber musste der Landvogt für 
seine Schandtat büssen und in dem Walde geisten, 
den er geraubt hatte. Ein Mann sah ihn einmal in der 
Nacht, wie er auf einem feurigen Schimmel an der 
ılten Grenze auf- und abritt, immer den Weg des 
erschrockenen Nachtgängers kreuzend. Auf einmal 
aber trat der feurige Huf des Schimmels auf einen 
Stein, so stark, dass das Zeichen des Hufes einge- 
drückt blieb. 
Davon kommt der Name «Füllitritt», und man kann 
den Stein noch heute im Walde sehen.
	        

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