Anhang
Pass hatte Reichensteiner nie einen bezogen. Den
am 4.Februar 1800 ausgestellten Taufschein
brauchte Josef Reichensteiner zu seiner Verheira-
tung. Wahrscheinlich war derselbe genügend und
bedurfte es keines Passes oder Heimatscheines.
Anders war es, als Reichensteiner 1810 sich in Dor-
nach niederliess und dort ein «Gründchen» kaufte.
«Dieser Kauf wurde nicht früher protokolliert bis
Reichensteiner über das vorbehaltliche Domicil im
Souverainen Fürstenthum Liechtenstein sich legal
nachgewiesen hatte und wie er dieses Zeugnis dat.
30. April 1810 beibrachte, ist der Tag darauf die Ver-
briefung erfolgt und im Eingange des Kaufbriefes
angeführt worden.»
Dieser Heimatschein ist ihm von Schuppler ausge-
stellt worden, weil Reichensteiner in Triesen ge-
boren wurde. Die Geburt in Triesen allein brachte
Reichensteiner das eingeschränkte Triesner Bürger-
recht (Hintersass). 1822 erklärte Josef Reichenstei-
ner gegenüber den bayerischen Behörden, er befinde
sich zwar mit seiner Familie zwölf Jahre lang in
Dornach, er habe sich aber seine Gemeindsrechte in
Vaduz vorbehalten und wolle nicht, dass er als
bayerischer Untertan angesehen werde. Denn als
solcher hätten er und seine Söhne in Bayern Militär-
dienst leisten müssen, als Liechtensteiner war er
1822 Ausländer und in Deutschland nicht wehr-
dienstpflichtig.
1832 wehrte sich Reichensteiner gegen die nun ihm
und seiner Familie drohende Ausweisung aus Dor-
nach (Bayern). Die Wohnsitzgemeinde wollte die
nun auf zehn Köpfe angewachsene Korberfamilie los
werden, weil sie befürchtete, dieselbe würde der
Armenfürsorge zur Last werden. Josef Reichenstei-
ner wehrte sich nun mit dem Hinweis auf die Tat-
sache, dass er bereits seit 22 Jahren Aufenthalt und
Wohnsitzrecht in Dornach besessen habe und dort
ein halbes Haus eigentümlich besitze, auch alle
Steuern bezahlt habe, so insbesondere als Tabak-
pfeifenkopfschneider die jährliche Gewerbesteuer
von 2 Pf. r.W.
Hatte Josef Reichensteiner 1810 den liechtensteini-
schen Heimatschein anbegehrt, so kehrte er’ sich
[832 um und bittet, das löbl. Oberamt in Vaduz
wolle wohlwollend dem Gefertigten in geeigneter
Weise verhelfen, und mich durchaus nicht mehr als
Liechtensteinischer Unterthan annehmen zu wol-
'en.
Am 29.3.1833 wies das Landgericht Lindau Rei-
chensteiner mit seiner ganzen Familie aus und setzte
'hm eine Ausreisefrist von 30 Tagen, die aber offen-
sichtlich nicht beachtet wurde. Es folgte nun ein
Schriftwechsel zwischen dem Königl. Bayerl. Land-
zericht Lindau und dem Fürstlichen Oberamte in
Vaduz. Das letztere anerkannte auf Weisung der
7ürstlichen Hofkanzlei in Wien das Hintersassen-
recht für Josef Reichensteiner, nicht aber für seine
Familie mit Schreiben vom 24. Oktober 1839 an das
Landgericht in Lindau... «wird sich das Oberamt
zwar nicht weigern, die Person des Josef Reichen-
steiner als Triesner Hintersass aufzunehmen, was
aber dessen Familie anbelangt, so darf derselben der
Eintritt auf diesseitiges Gebiet und der Aufenthalt in
demselben auf keinen Fall gestattet werden».
Vom Vollzuge einer Ausweisung ist hier nichts
bekannt. Die Söhne machten in Bayern Militär-
dienst. Die Familienangehörigen scheinen später
nirgends mehr genannt auf und Josef Reichensteiner
starb, als der erste und letzte Triesner Reichenstei-
ner am 13. Dezember 1848 gänzlich vermögenslos in
Dornach, was im Wege über die Fürstliche Regie-
sung in Vaduz dem Pfarramte in Triesen am 6. Jän-
2er 1849 mitgeteilt wurde.
Eine verwandtschaftliche Verbindung zu dem im 13.
Jahrhundert hier wohnhaften ritterlichen ‘Dienst-
mannegeschlecht derer von Richenstein ist aus den
vorliegenden Akten nirgends zu ersehen und sicher-
lich auch nicht anzunehmen.
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