Anhang
3. Die Ansprüche der Triesner gründen sich auf
einen Irrtum, nämlich auf die irrige Meinung, die alte
Mühle, von der in jenen alten Briefen die Rede ist, sei
auf demselben Platze gestanden, auf dem die jetzige
Mühle steht. Aus der Überlieferung und selbst aus
einem alten Briefe von 1513 gehe hervor, dass jene
alte Mühle bei Silvaplana gestanden habe.
4. Zur Zeit, als die Grundbücher angelegt wurden,
hätte Triesen die vermeintlichen Rechte geltend
machen sollen. Da aber auch in jenem wichtigen
Zeitpunkte nichts geschehen und sämtliche Wiesen
und Acker an die Leute zu Balzers als Eigentum aus-
geteilt worden seien, ohne Widerspruch von Tries-
ner Seite, so seien die jetzigen unerwarteten
Ansprüche noch unbegreiflicher.
Die Triesner antworteten darauf:
zu 1. Sie beharren bei ihren Briefen.
zu 2. Obwohl sie seit undenklichen Zeiten das Wei-
derecht nicht thatsächlich benützt haben, haben sie
doch vor 30 Jahren noch ihre Ansprüche darauf gel-
tend gemacht. Aus Nachlässigkeit derer, die für die
Gemeinde zu sorgen haben, dürfe der Letzteren kein
Schaden erwachsen.
zu 3. Was den Standpunkt der alten Mühle angehe,
glaube die Gemeinde Triesen durch den Brief von
1521 aufzuklären, dass nach diesem Briefe die Mühle
von dem daselbst erwähnten Zeugstein 37 Klafter
entfernt gestanden sein müsse, und der Punkt, wo
der Zeugstein stund, durch glaubwürdige Männer
erwiesen werden könne. Auch hätte, wenn es nach
der Behauptung der Gemeinde Balzers ginge, unter-
halb dem Brunnen (Mühlbach) wohl westlich gegen
den Rhein die Gemeinde Triesen mit ihr gar keine
Mitatzung, obwohl doch mehrere der alten.Briefe
von dieser Mitatzung sprechen.
zu 4. Durch die Errichtung des Grundbuches sind
Privatrechte nicht aufgehoben worden und dadurch,
dass Rechte der Gemeinde aus Fahrlässigkeit da-
maliger Richter nicht ins Grundbuch eingetragen
wurden, konnten sie doch nicht verwirkt werden. —
Eine Verständigung war für diesmal nicht zu errei-
chen. Das Protokoll unterschrieben: Landvogt
Pokorny aus Triesen: Richter Jakob Erni, Säckel-
meister Josef Bargetzi und die Geschworenen Jakob
Erni, Joh. G. Banzer, Greg. Gasner und L. Kindle aus
Balzers; Richter Joh. Wolfinger, Säckelmeister
Joh. Bapt. Büchel und die Geschworenen Leonz
Frick, Franz Jos. Vogt, Jos. Ferd. Wolfinger, Baptist
Vogt, Leonz Büchel, Baptist Tschol und Alt Land-
ammann Franz Anton Frick. Vorgelegt wurden
die Urkunden von 1440. 1513, 1521, 1650, 1751 und
1803.
Die Vertreter von Triesen gaben folgendes an: Da
aus allen obigen Dokumenten hervorgeht, dass die
Gemeinde Triesen das Recht habe, zwischen dem
Mühlbach und dem Rhein mit der Gemeinde Balzers
das Mitweiderecht bis zur Balzner Mühle auszuüben,
so bitten wir, es wolle nach gepflogener Verhandlung
durch Urteil erkannt werden, die Gemeinde Triesen
sei berechtigt, von ihrer Grenze anfangend zwischen
dem Mühlbach und dem Rhein bis zur Balzner
Mühle das Weiderecht auszuüben. Balzers habe die
in dieser Sache aufgelaufenen Kosten zu bezahlen.
Hierauf erstatteten die Balzner folgende Einrede:
Sie berufen sich auf das im Kommissionsprotokoll
von 1829 Gesagte, speziell darauf, dass Triesen das
betreffende Mitweiderecht seit Menschengedenken
nie ausgeübt habe. Sodann sei keine der vorgelegten
Urkunden imstande, ein solches Recht zu erweisen.
Der Brief von 1440 bestimme die Mühle als Grenz-
punkt des Alleinatzungsrechts ob der Mühle für Bal-
zers und zugleich als Grenzpunkt der gemeinsamen
Atzung für Balzers und Triesen unter der Mühle. Die
Hauptfrage aber sei: wo ist diese Mühle? — Aus die-
sem Briefe von 1440 gehe klar hervor, es sei die
Mühle bei Silvaplana; im Jahre 1440 stand sie noch
daselbst, im Jahre 1513 stand sie schon nicht mehr
und war durch einen Markstein ersetzt. Die übrigen
3riefe haben keine Bedeutung für vorliegende Streit-
sache.
Übrigens, weshalb habe Triesen die beanspruchte
Weide nie benützt, warum gestattet, dass dieselbe als
Zigentum ausgeteilt wurde, dass für das Triesner
Vieh daselbst ein Pfandgatter aufgestellt und so häu-
fig Pfandgeld bezahlt wurde? Der Handel werde bald
geschlichtet sein, sobald die Triesner sich von der Irr-
tümlichkeit ihrer Ansicht bezüglich des Standortes
der alten Mühle überzeugen liessen.
Das Oberamt entschied zu Gunsten der Balzner
‘23. Sept. 1832). Drei Jahre später, im Jahre 1835,
{and im Schulhaus zu Triesen zwischen den Vertre-
tern der beiden Gemeinden eine Verhandlung über
die Teilung der gemeinsamen Atzung statt. Die Au
ging immer mehr völliger Versumpfung entgegen.
Um diesem Übel abzuhelfen, musste der Mühlbach
ausgeschöpft, dem Wasserzufluss durch ein Wuhr
der Weg verlegt und ein sicherer Abfluss des Baches
in den Rhein hergestellt werden. Das Gebiet des sog.
Sandbüchels und was nördlich von demselben liegt,
gehörte zwar als Grundeigentum der Gemeinde
Triesen; die Balzner aber hatten darauf das Weide-
recht während des Sommers. Da nun aber Triesen
sich nie herbeigelassen hätte, zum Schutz eines der-
art mit Weiderechten beschwerten Gebietes neue
kostspielige Wuhrbauten aufzuführen, wurde der
einstimmige Beschluss gefasst, jenes Gebiet als freies
Eigentum zu teilen. Balzers verzichtete auf das
Weiderecht für eine Summe Geldes, welche dem
Werte des dritten Teiles des gemeinsamen Weide-
gebietes gleichkam.
Triesen behielt das ganze Gebiet als freies Eigentum
mit der Verpflichtung, die alte Wuhrlinie von der
Balzner Gemeindegrenze an, welche in den Spruch-
briefen «zwischen dem 8. und 9. Mess» bezeichnet
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