JInser Land
nehmen errichteten, die österreichischen Schutzzollmauern zu umge-
hen. Sämtliche vor dem ersten Weltkriege in unserm Lande erstandenen
Industriebetriebe gründeten Schweizer.
Die Gründung solcher Betriebe in Liechtenstein gehörte zur
«Auswanderung» Schweizerischer Unternehmen ins Ausland seit Be-
zinn des 19. Jahrhunderts, weil es die einzige Möglichkeit war, der gegen
sie gerichteten Zoll- und Handelspolitik der verschiedenen europä-
ischen Staaten zu begegnen. So kam es, dass schweizerische Textilunter-
nehmen in Liechtensstein um 1874 bereits etwa 250 und 1914
700 Arbeiter beschäftigten, davon 300 allein die Weberei in Triesen.
Bereits kurz nach 1700 war in der St. Gallischen Nachbarschaft Wartau
ein Zentrum der Baumwoll-Heimindustrie erstanden, betrieben von
den Handelsleuten und Ferggern Sulser. Wohl manches Spinnrad auch
hier in Triesen drehte sich bis zur Gründung der Fabrik 1864 für die
Wartauer. So suchte man etwas Verdienst. Das dauernde Auf und Ab
zwischen Schweiz und Österreich zog Liechtenstein in den Strudel hin-
ein. Es kam nicht von ungefähr, dass Liechtenstein wohl oder übel als
Schmugglerland verschrien wurde; bald von der Schweiz, bald von
Österreich ging die Ware in dunklen Nächten über den Rhein und die
«grüne Grenze». Dies endete erst mit dem Zollanschluss an die Schweiz
1923
Zu weiteren wichtigen Kontakten im Laufe der langen Jahre und
im besonderen die totale wirtschaftliche Hinwendung zur Schweiz nach
dem 1. Weltkrieg (1914-1918) brachten unser Land vom Einflusse
Österreichs bis auf das bürgerliche Recht, die Gerichtsorganisation, teil-
weise restlich noch Landes-und Gemeindeverwaltung, das Straf- und
Polizeirecht etc. etc. weitgehend los.
Dafür brachten die ımmer mehr ausgebauten Kontakte mit der
Schweiz - zu den bereits oben schon nern — den Schweizerfran-
ken als Landeswährung ab 1924, das Banken- und Gesellschaftsrecht
seit den 1920er Jahren, gewerberechtliche und industrielle Betriebsvor-
schriften nach Schweizer Muster, Ausbau des Versicherungswesen (So-
zialversicherung wie AHV, IV seit 1952), Unfallversicherung seit 1931,
die Brandschadenversicherung betreiben seit 1924 durchwegs nur mehr
hier konzessionierte schweizerische Versicherungen, den Postbetrieb
übernahm anstelle von Österreich die Schweiz seit 1920 in unserem
Lande, (jedoch auf unser Risiko), die Löhne in den Betrieben (Industrie
und Gewerbe) glichen sich den schweizerischen an, Liechtensteiner
nahmen bereits im 19. Jahrhundert viele in der Schweiz Wohnsitz (bis zu
1800) und liessen sich in schweizerisches Bürgerrecht aufnehmen,
wogegen die Zahl der sich hier niederlassenden Schweizer besonders
seit dem 2. Weltkriege (1939-1945) sich ständig erhöhte (von 1930-400
zegen 1980 -4000). Nahezu die Hälfte der hier wohnhaften Ausländer
sind heute Schweizer, der liechtensteinische Waren- und Handelsver-
kehr geht nach der Schweiz und über die Schweiz ins Drittausland (ein
Zoll- und Wirtschaftsgebiet).
Aus der Verfassungsgeschichte
1) Die Verfassungsgeschichte beschränkt sich hier auf Darstellung
der politischen Gegebenheiten seit dem späteren Mittelalter, das ist die
Zeit, von der man weiss, dass das Volk direkt und durch seine Vertreter
mitwirken konnte, politisch tätig zu werden, Einfluss zu nehmen auf die
Gesetzgebung, auf Regierungsbildung, auf Gericht und Rechte der
JA