Anhang
über die Grabungen nach der römischen Villa im
Bereiche der sog. Kindlischen Mühle (HNr. 152 vis-
i-vis der heutigen Kirche) enthalten, ergänzt durch
die Berichterstattung über weitergeführte Sondie-
rungen an dieser Stelle im JBL 1950 und 1958, die
ür den Ortskundigen von einigem Interesse sein
mögen, an der Jahresversammlung des Historischen
Vereins vom 10. Dezember 1911 berichtet Dr. Albert
Schaedler als Vorsitzender desselben über die Ende
Oktober 1911 in Triesen gemachten Ausgrabungen
und hebt hervor, «dass Seine Durchlaucht unser
Fürst, der ohnehin unseren Verein durch einen jährli-
chen Beitrag unterstützt, zu solchen Grabungen eine
besondere Geldspende gewährt habe».
Dann führt er die im XII. Rechenschaftsbericht des
Vorarlberger Museumvereins (1879) von John Doug-
lass veröffentlichte Arbeit «Die Römer in Vorarl-
berg» an, worin schon auf das Vorhandensein von
Überresten einer römischen Villa in Triesen hinge-
wiesen worden sei. Dieser Hinweis und weitere
mündliche Informationen in Triesen selbst liessen
teststellen, dass bei Erbauung der oberen Mühle (ge-
zenüber der Triesner Pfarrkirche) im Jahre 1862 eine
Menge von niederen Hypokaust-Pfeilerchen aus
Sandstein sowie Fragmente von gebrannten Röhren
und Ziegelplatten zum Vorschein kamen. Douglass
habe bei seinem im Jahre 1867 in Triesen gemachten
Besuch noch solche Hypokaustpfeiler vorgefunden,
welche in der Form genau den bei Bregenz gefunde-
nen ähnlich nur von etwas geringerer Höhe gewesen
seien. Nach der bestimmten Aussage des jetzt 84
Jahre alten Maurermeisters Risch in Triesen, welcher
den Mühlebau im Jahre 1863 leitete, waren damals 32
zolche Hypokaustpfeiler vorhanden. Leider seien
ılle diese Fundstücke verschwunden und nach Aus-
sage des genannten Zeugen zumeist in Backöfen ver:
mauert worden.
Der Versuch von Douglass, im Jahre 1867 Grabun-
zen vorzunehmen, sei an dem Widerstand des
Grundeigentümers gescheitert. Nun habe der Histo-
rische Verein sich mit der Sache befasst. Sämtliche
Mitglieder des Vereinsvorstandes begaben sich am
12. Oktober 1911 an die Fundstelle in Triesen. Von
dem Grundeigentümer konnte die Erlaubnis zu den
beschlossenen Grabungen gegen entsprechende Ver-
gütung erhalten werden. Die Grabungen fanden als-
dann in der Woche vom 22. bis 28. Oktober statt.
Der hierüber vom Konservator unseres Vereins,
Egon Rheinberger, erstattete Bericht, welcher zur
Verlesung kam, hat folgenden Wortlaut:
«Die Mitglieder des Vereinsvorstandes haben sich bei
der vorgenommenen Besichtigung über den Platz ge-
einigt, der für Nachgrabungen nach römischen Bau-
resten in Aussicht zu nehmen war. Es ist die Stelle
hinter dem Mühleanwesen im Oberdorf, eine
humusreiche etwa 4 m breite Fläche, eingeengt
durch den Mühlebau und den steilansteigenden St.
Mamertushügel, in der Längsausdehnung mit dem
Dorfbache gleichlaufend. Besonders wertvoll für den
3eginn der Grabarbeiten schienen die Aussagen
mehrerer Bürger, die bei früher erfolgten Grabarbei-
ten zu baulichen Zwecken hier auf alte Baureste, wie
Sandsteinsäulchen, ungewöhnliche Ziegelbrocken
and auf mächtige Sandsteinquadern gestossen sein
wollten. Man hielt es daher für angezeigt, mit der
Grabarbeit gleich dort zu beginnen, wo jene Bauglie-
der vor kurzer Zeit teilweise ausgehoben oder noch
angeschnitten verlassen wurden. Man hoffte hier in
zeringer Tiefe auf römische Mauerreste zu gelangen
und dann wäre der weitere Verlauf der Grabarbeiten
durch die Mauer vorgezeichnet gewesen. Aber noch
ain anderer Anlass bestimmte uns, das Gelände in
westöstlicher Richtung zu durchschneiden. Allbe-
kannt ist die uralte sagenhafte Überlieferung von der
Verschüttung einer römischen Stadt unter dem
Mamertushügel. Für die Glaubwürdigkeit dieser
Sage sprechen frühere römische Funde bei der obe-
ren Mühle und an andern Orten, merkwürdiger-
weise alle am äussersten Rande des Hügels gelegen.
Auch die Beschaffenheit des welligen Abhanges
sowie jüngere Abrutschungen zeugen für die Mög-
lichkeit einer grösseren Erdbewegung, die eine Nie-
derlassung sehr leicht vernichtet haben könnte.
Wurde der Fuss des Hügels durchschnitten, so
musste es sich bald zeigen, ob römisches Mauerwerk
sıch weiter in den Hügel hinein erstrecke, ist aber der
Hügel vorrömisch, so musste ein Wohnbau, der hier
in römischer Zeit entstanden war, ohne den Abhang
zu berühren, sich mehr in südlicher Richtung weit
über die Dorfstrasse ausgedehnt haben, denn
>ekanntlich waren die römischen Häuser nur nie-
dere, ebenerdige, aber umfängliche Gebäulichkeiten.
Der Verlauf der Grabarbeiten beseitigte hierüber
zuch alle Zweifel. Am 22. Oktober wurde mit der
Aushebung des Grundes begonnen. Die obere fette
Humusschicht ist in tieferer Lage mit grösseren Stei-
nen stark untermischt. Der Grund selbst war kein
unberührter Boden mehr, sondern schon mehrfach
von Menschenhand bewegt worden, am intensivsten
zuletzt beim Mühlebau selbst. Noch tiefer vorschrei-
tend wurde der Grund sandiger und die Rollstein-
ablagerung schien reingewaschen. Ein Wasserlauf
musste das Geröllgeschiebe hergetragen und durch
'ange Zeitläufe unter stetiger Erhöhung und Abtra-
gung ein Bachbett gebildet haben. Doch nicht allzu
mächtig ist dieser Rüfestoss, wie man die trockene
Schicht kurz benennen kann. Bei 1% Meter Tiefe
beginnt das lose Rollmaterial wieder mit einer
Humusschicht zu wechseln, untermischt mit Asche,
Holzkohle, angebrannten Tierknochen und Holzab-
allen, alles Beweise vorzeitlicher menschlicher
Tätigkeit. Aber erst an der nordöstlichen Ecke der
Mühle wurde diese tiefe Kulturgeschichte auch noch
durch viele Ziegelbrocken und Bauschutt bereichert.
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