Unser Land
Das Rodfuhrwerk bedingte über die Steig einen engen Kontakt,
zum mindesten zwischen den Verteilern hüben und drüben. Das gleiche
zalt für die Post, wofür in Balzers eigens Pferde gehalten wurden.
Beidseitig des Rheines bildete bis Ende des 19. Jahrhunderts die
Klein-und Grossviehzucht die Ernährungsgrundlage mit etwas Wein-
bau und Ackerbau, Viehverkauf war praktisch der einzige Erlös. Für
unsere Leute war es oft sehr schwer, einen Viehabsatz zu ermöglichen.
Die Nachbarn sperrten sich mit Schutzzöllen und Seuchenvorschriften
ab. Besonders schwierig war es in dieser Hinsicht im 19. Jahrhundert.
Der Markt in Sargans wurde seit jeher für den Verkauf landwirt-
schaftlicher Produkte und Vieh gerne aufgesucht. In Balzers war seit
dem 15. Jahrhundert nachweisbar bei Tiefstand des Rheinwassers ım
Winter eine Brücke über den Rhein geschlagen, die es erlaubte, zu Fuss
auf den Markt nach Sargans zu gelangen. Erst nach dem Zollanschluss-
vertrag 1923 wurden die weiter in der Schweiz liegenden Märkte
besucht. Die Bedeutung der Märkte für den Absatz landwirtschaftlicher
Produkte ist heute Orbe. An deren Stelle sind die Genossenschaften,
die Grossgeschäfte, ja sogar der Staat selbst getreten.
Tüben wie drüben hatten wir bis in die Jüngste Zeit herauf vieles
gemeinsam. Da lagen die hochwassergefährdeten Auen und Riede bis
zur Rheinregulierung ab 1837 und abschliessend mit den Binnenkanal-
bauten bei uns 1943. Diese Auen - heute die Grundlage der Landwirt-
schaft des Rheintales - konnten nur mühsam und schlecht genutzt wer-
den. Sie eignen sich erst für Ackerbau und Futterbau seit der Meliora-
tion. Früher waren es schlechte Heuwiesen und Streumähder. Der
Triesner bezeichnet die einstigen Auen in und über dem Rhein heute
aoch als «Heuwiesen».
Die enge wirtschaftliche Verbindung mit der schweizerischen
Nachbarschaft in jeder Hinsicht brachte der Bahnbau im Rheintal 1854,
der Bau von festen Brücken über den Rhein ab 1862, wobei wohl eine
der ältesten Brückenverbindung über Rheinarme in Triesen - Gapont
erinnert daran - fallen gelassen wurde und den Triesnern damit die
Bewirtschaftung der Heuwiesen - denn das Heu musste nach dem Zoll-
vertrag mit Österreich 1852 über einen Zollposten (Balzers) geführt
werden - verunmöglichte. Wesentlich zur Vertiefung der Beziehungen
zum Vor-und Nachteile zur benachbarten Schweiz trug - man staune —
die am 5. Juli 1852 mit Österreich geschlossene Zollunion bei. Denn als
1846 Österreich die Getreideausfuhr nach der Schweiz sperrte, war
zuch Liechtenstein betroffen, ebenso wie der Kanton St. Gallen 1847 als
Antwort seinerseits eine Getreidesperre nach Liechtenstein verlängerte.
Auf Getreideeinfuhr war man angewiesen. In den Rheinauen konnte
aicht gesät werden. Die aufwärtigen Wiesen ausser dem Dorfetter
waren noch mit dem Atzungsrechte belastet. Zeitweilig sperrte man den
Liechtensteinern die Viehausfuhr sowohl nach der Schweiz (aufgrund
eines schweiz.- öster.- deutschen- Abkommens) wie auch nach Öster-
‚eich. Finanziell wurde Liechtenstein damit an seinem Lebensnerv
getroffen. Das besserte erst nach 1890, als man wieder nach Österreich
exportieren konnte, nach der Schweiz bis Ende des 1. Weltkrieges über-
‘aupt nichts mehr. Das war die dunkle Seite. Umgekehrt brachte der
Anschluss an das österr. Zollgebiet 1852 die erste schweizerische Indu-
strie ins Land. Schweizer Fabrikanten versuchten dadurch, dass sıe in
Liechtenstein Haupt- oder Filialbetriebe ihrer schweizerischen Unter-
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