Anhang
Bischof Johann V. predigte selbst und hatte im Sinne,
eine Diözesansynode zu halten und den Sprengel zu
bereisen, wovon ıhn wohl nur die Unruhen abhiel-
cen, welche Bünden damals erschütterten. Er erliess
zweckmässige Vorschriften und Verordnungen an
die gesamte Geistlichkeit und mahnte sie von der
Uppigkeit und Trunkenheit ab. «Bei gar vielen Geist-
lichen (schrieb er) ist die abscheuliche Sitte eingeris-
sen, dass sie Wirtshäuser und andere ungebührliche
Orte besuchen, sich voll trinken, zanken, singen,
toben, Possen treiben und dem Volke höchlich
Ärgernis geben. Die Geistlichen sollen nicht die
Chirurgen, Ärzte, Wirte, Krämer, Metzger, Jäger,
Wahrsager und Gaukler machen. Jeder soll auf seiner
Pfründe wohnen und sich keinen Tag von derselben
entfernen. Auf fromme Studien und Gebete sollen sie
sich verlegen, dies seien ihre rechten Waffen». Vor-
crefflich ist die Anleitung, welche er insbesondere
den Pfarrgeistlichen gab in bezug auf die würdevolle
Feier des Gottesdienstes, die Unterweisung des Vol-
kes, die Verwaltung der Sakramente und die Abhal-
zung der Landkapitel. Diese Verordnungen bilden
ein Seitenstück zur Polizeiordnung, die wir oben aus-
führlich erwähnt haben, und geben den Schlüssel zur
Erklärung der Roheit und des Sittenverfalls, wie er
damals unter dem Volke gang und gäbe war. (667)
6. Wien, 1732 September 2.
Policey- und Landts-Ordnung des
Reichs-Fürstentums Liechtenstein
"Auszug)
Demnach Wuer mit sonderbahrem Missfallen durch
verschidene Klagden, und Uns unterthaenigst vor-
zebrachte Beschwehrungen anhoeren und verspue-
ren muessen, dass nicht nur allein die bevorige Alte
zanzt Loebliche Policey- und andere Ordnungen so
schlecht mehr gehalten, sondern auch die eine Zeit-
nero ergangene Herrschafftliche Befelch, Gebott,
und Verbott zu Schmaehlerung Unserer Landts-
Fürstlichen Authoritaet, und des Landes nicht gerin-
zen Schaden, Ruin, und Verlust des Zeitlichen, und
endlichen auch des Ewigen selbsten, so wenig
Respectieret, und geachtet worden, dass bey laenge-
‚em Nachsehen, zumahlen nicht nur in einer jeden
Gemeindt, und einem jeden Dorff, ja fast in einem
jeden Hauss, nichts anders als die bestaendige Unei-
nigkeit, Unfriden, Zanckerey, Hass, und Neyd, Ver-
folgung, insgeheures Fluchen, Schwoeren und
Gottlaestern, die Naechtliche Schlupf-Winckel, Zu-
sammenkunfften, hin- und her Wandlungen, bey
welchen nichts anders, als allerhand Bubereyen,
Zanckereyen, spihlen, Sauffereyen, und Ehrab-
schneidungen getriben, und endlichen wohl gar alle
Leichtfertigkeiten, Ehebruch, Dieberey, Hex- und
Hurereyen daraus entspringen; Aller Sinn und
Gedancken im Schwung gehet, seinen Neben-Men-
schen hoechststraefflich Dieberischer Weis zu
seschaedigen allerhand Ungebuehr, unzuechtige,
oder auch Ehrlichen Leuthen zur Verkleinerung, und
Schaden gereichende unwahrhaffte, schaedliche,
aergerliche, neyd- und haessige, argwohnische
Reden, und Werck zuverueben suchen, leyder end-
ich nichts anderes als eine allgemeine Landts-Straff
durch den gerechten Zorn Gottes zu besorgen.
Als wuerdet zur Fuerkomm, und Abwendung des-
sen von Landts-Fuerstlicher Herrlichkeits wegen,
aiermit alles Ernstes, bey nicht nur hiebevor ange-
zetzten Straffen, und Busen, sondern je nach besin-
denden Dingen bey Landts-Verweisung, Leib- und
Lebens- Pöen, Confiscation der Guether, auch Pöen
der Rebellion, allen und jeden Unseren Unterthanen,
Hauss-Vaettern, und Muetteren, Wuerthen, Maiste-
‚en, Voegten, Ein- und Hintersaessen ermelten unse-
‚es Fuerstenthums austrucklichen auferladen, und
gemessen anbefohlen, dass Gottes-Dienst Erstli-
chen, Maenniglich Jung, und Alt die es Leibs- und
Schwachheit halber vermoegen, alle hohe Fest-,
Sonn- und Feyertaeg nicht nur die Kirchen gewoehn-
iche Messe, und Predigt zu deren eigenen Seelen-
Heyl fleissig, und unverhinderlich besuchen, son-
dern auch alle Hauss-Vaetter, und Muetter Ihre Kin-
der beyderley Geschlechts Geschwisterte, Anver-
wandte, Knecht, Maegd, auch eines hoechern Alters,
und alle die worueber sie in ihrem Hauss-Weesen zu
befehlen, und Sorg zu tragen haben, so offt zu gewis-
ser Zeit und Stund ein Kinder-Lehr, Rosenkranz
oder andere gute Andacht gehalten wuerdet, fleissig
zu schicken, und keines ausbleiben, sondern ermel-
‚en Gottesdienst, Predig, Kinder- oder Christen-
_ehr mit Ehrenbiethigkeit, und Fleiss anhoeren, den
Rosenkrantz mit Andacht betten, auch diejenige so
sich des Sommers meistens im Gebuerg aufhalten,
ey ihrer nacher Hausskunfft, den Gottesdienst,
Kinder-Lehr, und Predig mehrers besuchen sollen;
Ferner soll auch unter wehrendem Gottesdienst, es
;eye des Morgens unter der Mess, Predig, oder
Abends unter der Vesper, oder Rosenkrantz, zu was
Zeiten es wolle, so balden man in die Kirchen zusam-
nen geleuthet haben wuerdet, neimanden weder
Tantzen, Springen, Zechen, Keglen, Spihlen, noch
ındere Kurtzweil, oder Uppigkeit treiben, nicht vor
der Kirchen oder auf der Gassen sitzen, oder stehen,
sondern Maenniglich so nicht sonderlich davon ver-
nindert ist, dem Gottesdienst fleissig beywohnen,
und diejenige so nothwendig zu Hauss bleiben mues-
sen, unter dieser Zeit sich eingezogen still und unär-
gerlich in seinem Hauss, oder wo er ist, enthalten,
widrigenfalls und wo all disem ein oder das Andere