Volltext: Mehrzweckgebäude Unterm Schloss

Die verschiedenen Balzner Feuergeschworenen. beklagen in den wenigen 
arhaltenen Anzeigen besonders das verbotene Tabakrauchen, verwiesen aul 
Häuser ohne Kamine, in denen trotzdem gefeuert wurde, auf das Lagern von 
Laub in einer Stube und später auf den ständig defekten Kamin im Mälsner 
Schulhaus. Wie heikel sein Amt ab und zu war, zeigt eine Bemerkung von 1845, 
als er 12 Balzner wegen Rauchens in einer Scheune anlässlich einer Versteigerung 
anzeigte. Da er nicht mehr alle Raucher namentlich aufzählen konnte, bat er die 
Obrigkeit in Vaduz, die Angezeigten zu begnadigen, da es sonst heissen könnte. 
diesen oder jenen «hätt ich nicht wollen kennen». Trotzdem hatten die Ange- 
klagten die ausgefällte Busse von 5 fl in den Feuerlöschfonds zu zahlen, und der 
Vorsteher, in dessen Gegenwart ohne sein Einschreiten geraucht wurde, hatte 
sich in Vaduz zu verantworten. 
Ein weiterer Fall betraf 1855 die Finanzwache in Balzers, die nach 20 Uhr in 
ihrem Häuschen noch feuerte, obwohl das verboten war. Dennoch weigerten 
sich die Wächter, die ausgesprochene Busse zu berappen und beanspruchten im 
Gegenteil Sonderrechte für sich. Die Finanzhütte geriet dann später am 6. März 
1864 uch die Unvorsichtigkeit eines Wächters während eines Föhnsturmes in 
Brand. 
Die Gemeinde Balzers versuchte, im Rahmen ihrer beschränkten Möglich- 
keiten, den neuen gesetzlichen Vorschriften zu genügen. Im Oktober 1813 
konnte Richter Franz Anton Frick nach Vaduz berichten, dass am 3. des Monats 
die bestellte Feuerspritze aus Glarus eintreffen werde. Sie solle, schrieb er, «ein 
Meisterstück von Einer Feuerspritze sein» und werde in Balzers von einem Glar- 
ner Kupferschmied montiert. 
Da Balzers — soweit das zu übersehen ist - in den folgenden Jahren von grös- 
seren Brandfällen verschont blieb, hatten die neu angeschafften Feuerlöschrequi- 
siten ihre eigentliche «Feuerprobe» erst im März 1819 zu bestehen, als die 
benachbarte Schweizer Gemeinde Azmoos dem roten Hahn teilweise zum 
Opfer fiel. Bei diesem Brand, der 117 Gebäude vernichtete und 313 Bewohner 
obdachlos machte, eilte die Gemeinde Balzers mit einer Mannschaft zu Hilfe. Sıe 
zeichnete sich «rühmlich» aus, rettete das grosse Sulser-Haus und wurde für ihre 
Hilfeleistung von Landammann Zollikofer und dem Regierungsrat in St. Gallen 
offiziell belobigt. 
in die Zeit nach 1812 fällt das Aufkommen der Feuerversicherungen ın 
Liechtenstein, des ältesten Versicherungszweiges des Landes. Trotz der ungün- 
stigen Verhältnisse zeigte sich in der Bevölkerung wenig Bereitschaft, solche Ver 
Sicherungen abzuschliessen - das Geld für die Prämien reute die doch armen Ein- 
wohner zum Teil. In Balzers war 1835 Johann Baptist Tscholl mit 600 Gulden 
versichert, weitere (24) Bewohner waren ebenfalls den Brand-Assekuranz-Verei- 
nen angeschlossen und gegen Brand, Blitzschlag und Gasexplosion versichert. 
1863 betrug die Versicherungssumme für Balzers 150012 fl (Land 1103 534 fl) 
und 1870 - fünf Jahre zuvor war die obligatorische ar für Wohn- 
gebäude eingeführt worden - war sie auf 247 000 fl (Land 2 398 000 fl) gestiegen. 
Das Feuerpolizeigesetz von 1865 
Am 21. August 1865 genehmigte der Landtag das Feuerpolizeigesetz, wel- 
ches der Fürst am 11. Oktober sanktionierte und das die Feuerlöschordnung von 
1812 ersetzte. Mit beigegeben war eine Regierungsverordnung betreffend. die 
Einführung einer Feuerlöschordnung. 
{In sieben Abschnitten nennt das neue Feuerpolizeigesetz die allgemeinen 
und die baupolizeilichen Vorschriften, regelt den Aufgabenbereich der Baufach- 
verständigen, Kaminfeger und Nachtwächter, bestimmte Art und Menge der 
Löschgeräte für Private und Gemeinden, setzte die Kompetenzen und Pflichten 
der Feuerkommissionen fest (sie ersetzten den Feuergeschworenen) und führt 
als überaus wichtige Neuerung die obligatorische Feuerversicherung für Wohn- 
gebäude ein. Die feuerpolizeilichen Anordnungen wurden fünf Jahre später 
durch die Bauordnung vom 14. Juli 1870 ergänzt. 
Die Entwicklung des Balzner Feuerlöschwesens 1865-1922 
Es scheint, dass die Gemeinde Balzers den neuen gesetzlichen Bestimmun- 
gen in den folgenden Jahren nach 1865 doch einige Nachachtung verschaffte, hat 
sie doch für den Zeitraum von 1866-1903 die weitaus kleinste Schadenssumme 
aller Liechtensteiner Gemeinden für Brandschäden aufzuweisen. In den vorlie- 
genden Quellen sind nur wenige Brände erwähnt. 
Im April 1875 brach ein Feuer auf einem Düngerhaufen aus und steckte das 
benachbarte Haus Nr. 69 von Josef Eberle in Brand, Das Feuer konnte aber 
rechtzeitig entdeckt und gelöscht werden. Es entstand kein grösserer Schaden. 
Zwei Jahre später meldete der Vorsteher nach Vaduz, dass es am 17. März in 
den Ställen von Josef Steger (Nr. 60) und Serafin Eberle (Nr. 61) gebrannt habe. 
Als Brandverursacher vermutete er den Knecht von Josef Steger, da man ihn des 
öfteren «mit der brennenden Pfeife im Stalle» beobachtet habe. Auch hier griffen 
Einwohner und Feuerwehr von Balzers rasch ein und verhinderten ein grösseres 
Feuer, 
Knapp zwei Monate später brannte es - so vermutete man zuerst - bei Luzius 
Büchel in Mäls (Nr. 1’), dessen Kinder mit Zündhölzchen in der Küche gespielt
	        

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