Nähere Angaben über den Verlauf des Empfangs und den Inhalt
der Gespräche sind aus der Presse nicht zu entnehmen. Die Zusam-
mensetzung der Teilnahme von schweizerischer Seite und ein Blick in
das damalige Zeitgeschehen lassen doch einige Rückschlüsse zu:
Am 12. März 1938 war Österreich an das Deutsche Reich ange-
schlossen worden, das nun direkt an Liechtenstein grenzte. Ein
starker Flüchtlingsstrom über die österreichisch-liechtensteinische
Grenze setzte ein. Die liechtensteinische Regierung stand vor neuen
schwierigen Problemen. Unter dem Druck dieser Ereignisse, der
drohenden Gefahr eines Anschlusses Liechtensteins an das Dritte
Reich, fanden Besprechungen zwischen der regierenden Bürgerpartei
und der oppositionellen Vaterländischen Union statt, die am
21. März 1938 mit einer Vereinbarung und Neuwahl der Regierung
abgeschlossen wurden. Damit konnte die seit langem bedrohlich
angewachsene Polarisation der Innenpolitik aufgehalten und der
erbitterte Parteienstreit gemildert werden. Die innenpolitische Befrie-
dung war Voraussetzung für das Überleben des Fürstentums ge-
worden.
In der genannten zwischenparteilichen Vereinbarung folgt auf ein
zuerst angeführtes Bekenntnis zur bestehenden Verfassung, insbeson-
dere «zur Erhaltung der Selbständigkeit des Landes unter der monar-
chischen Führung des Fürstenhauses» sogleich die Bekräftigung der
bestehenden Verträge mit der Schweiz, an denen angesichts ihrer
grundsätzlichen Bedeutung für die Wohlfahrt des Landes nicht gerüt-
telt werden dürfe.
Das Verhältnis zwischen der Schweiz und Liechtenstein war zum
Zeitpunkt der Antrittsvisite des liechtensteinsichen Thronfolgers in
Bern nicht ungetrübt und problemlos. In der Schweiz wurden die
politischen Auseinandersetzungen und nationalsozialistischen 'Ten-
denzen in Liechtenstein mit Sorge verfolgt und dessen Wille zur
Wahrung der Selbständigkeit bezweifelt. Liechtenstein beklagte sein
Aussenhandelsdefizit im Verkehr mit der Eidgenossenschaft und die
infolge der unbefriedigenden fremdenpolizeilichen Regelungen man-
gelnde Arbeitsgelegenheit für liechtensteinische Saisonarbeiter in der
Schweiz.