Volltext: 50 Jahre Gymnasium in Liechtenstein

mitführend, durch die Strassen von Vaduz, ins Schulzentrum Mühleholz. Den ersten 
Eindruck über das neue Schulgebäude schilderte ein Mädchen einen Monat nach 
dem Einzug: «Der Morgen beginnt einmal schon viel angenehmer als vorher: Ein 
wohlklingender 'Migros-Gong’ hat das scheppernde Geklingel der alten Marianum- 
Glocke ersetzt... Beim ersten Gong-Schlag setzt sich die Masse der Schüler und 
_ehrer in Bewegung, durch die langen Gänge, die Treppe hinauf, hier und da warten 
die Zöglinge brav auf ihre Lehrer...» 74 
Regierungschef Dr. Alfred Hilbe übergab «Liechtensteins grösstes Bauwerk für die 
Bildung» am 12. Januar 1973 formell seiner Bestimmung. In seiner Festansprache 
hob der Regierungschef die Bedeutung eines Gymnasiums für unser Land hervor: 
x... Das Gymnasium ist seit dem neuen Schulgesetz ein fest integrierter Bestandteil 
eines umfassenden Schulsystems, eine der drei weiterführenden Schulen, jene, die 
allein den Zugang zur Universität eröffnet. Es wird eine der schwerwiegenden 
Aufgaben der Zukunft sein, eine angemessene Verteilung der Schüler auf die drei 
Zweige der weiterführenden Schulen zu erreichen... Das Bildungsideal des Gymna- 
siums, so strahlend es uns jahrzehntelang erschien, ist ständiger Anfechtungen 
ausgesetzt und ins Zentrum der Diskussionen gerückt, ohne dass allerdings ein 
unanagefochtenes Ersatzideal gefunden werden konnte.» 75 
Von der Privatschule zur Staatsschule 
Zeitlich parallel zur Errichtung des Neubaus verabschiedete der Landtag ein neues 
Schulgesetz (LGBI 1972/7), in dem der erste Schritt zur Verstaatlichung des Gymna- 
siums festgelegt wurde. 
Seit der ersten Vereinbarung zwischen dem Orden der Maristen-Schulbrüder und 
dem Staat Liechtenstein vom 20. November 1967 hatte der Orden aufgrund seiner 
\lachwuchssorgen immer mehr Mühe, junge Fratres nach Vaduz zu entsenden. Zwar 
sah die Vereinbarung vor, dass «der Anteil der ordensfremden Lehrkräfte 40 Pro- 
zent» nicht übersteigen dürfe, doch wurde in den folgenden Jahren immer klarer, 
dass der Orden nicht mehr imstande war, Fratres, die aus Alters- oder Gesundheits- 
gründen aus dem Schuldienst ausschieden, zu ersetzen. In manchen Bereichen 
nahm der Staat immer stärker Einfluss auf die Privatschule, sei es bei der Namensän- 
derung der Schule, bei der Aufnahme von Mädchen, bei der Einführung der Schul- 
geldbefreiung für alle Schüler oder durch die Bezahlung ziviler Lehrpersonen. Mittler- 
weile war es recht schwierig, genau festzulegen, wie weit das Gymnasium noch 
eine Privatschule geblieben war. Die Landtagskommission, die zur Beratung des 
Schulgesetzes eingesetzt wurde, kam jedenfalls 1971 zum Schluss, dass «das 
Liechtensteinische Gymnasium... faktisch keine Privatschule mehr» Sei, was aus 
der finanziellen Beteiligung des Staates am Neubau des Gymnasiums und aus der 
Zahl der weltlichen Lehrer hervorgehe, die schon mehr als die Hälfte der Unterrichts- 
stunden erteilten. 76 
Angesichts dieser Veränderungen wurde 1974 eine neue Vereinbarung notwendig, 
die auf die genannte Situation näher einging. Nach wie vor blieben Staat und Orden
	        

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