Volltext: 50 Jahre Gymnasium in Liechtenstein

Meisterhaftes. Aber was links liegt, rechts liegt, das rühren sie nicht an. Es gibt 
Menschen, die alles, die Welt, einfangen, umfangen möchten. Universaldilettanten. 
Dafür aber nicht Meister. Und doch muss es einen Weg geben, von vielen Seiten her 
der Vollkommenheit näherzurücken, es muss! Ich glaube, der Weg zu dieser näheren 
Vollkommenheit führt über das Dilettantentum, und nicht über das Berufshafte, 
Professionale. Einsicht und weitere Einsicht ist eine Sache der Intuition, die jenem 
zuteil wird — ja, passiv! — der als wirklicher aimant auf dem Wege ist. Ich will später 
sinmal versuchen, mich genauer auszudrücken.» Ein Jahr später steht nicht mehr 
das Genie gegen den Universaldilettanten. Der Universaldilettant muss sich ein- 
schränken, jedoch nicht ohne sich abzugrenzen. 19. März 1965: «Ein Beruf, der zeit- 
:ebens nur schon Bekanntes aufzunehmen und weiterzuleiten hat, kann für mich 
nicht Lebensziel sein, Einen Zweig des Spezialwissens ist möglich zu verfolgen 
und... Ihn voranzutreiben — er muss stellvertretend sein für alles andere Wissen. 
Gestört worden. Gehe schlafen.» Aber auch Zweifel an solchen Zukunftsentwürfen 
wagte ich nicht, mir zu verschweigen: «Ich male mich mir als Held, und in der 
Bewährung mache ich Mitte.» 
Die letzten beiden Jahre der Schulzeit waren wohl, ich entnehme es den Papieren, 
für mich eine Qual, Ich hatte das Gefühl, ausgelernt zu haben. Hatte ich mich auf die 
am Ende der siebten Klasse stattfindende Biologie-Maturaprüfung immerhin noch 
«23 Stunden vorbereitet», so finde ich ein Jahr später nur noch den Ausruf: «Vorbei! 
Das Schriftliche vorbeil» 
Damals habe ich angefangen zu schreiben, in endlosen Versuchen mich der Wörter 
bemächtigt. Die Blätter zeigen den langsamen Übergang vom schriftlichen Bericht 
zum Umgang mit der Sprache. 
Ich wollte Dichter werden. Aber das konnte man nicht studieren — ein Studium zu 
absolvieren, galt als selbstverständlich —-, und Germanistik, meinte ich, würde mir die 
Beziehung zu den Wörtern verderben. 
Ich habe mich dann zunächst der Philosophie, später der Biologie zugewandt. Heute 
bemühe ich mich, «einen Zweig des Spezialwissens... voranzutreiben» — als 
Volekularbiologe und als Wissenschaftshistoriker. Doch die Sprache ist immer, nach 
einem Wort von Heidegger, das Haus meines Seins geblieben. 
In den letzten Jahren habe ich eine lange Zeit vernachlässigte Beschäftigung wieder 
aufgenommen: das Botanisieren, dem ich als Schuljunge einen grossen Teil meiner 
Frühjahrs- und Sonmmerferien gewidmet hatte, Ich benutze die knapp bemessenen 
Besuche in Vaduz dazu, wie damals durch die Wälder und Berge meiner alten Heimat 
zu wandern. 
gesenkt den kopf 
immer auf der suche 
nach römischen münzen 
so hab ichs gelernt
	        

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