Militär
Vaduz ist «Garnisonsort» für das liechtensteini-
sche Militärkontingent zum Deutschen Bund.
Auf den Schlosswiesen befinden sich Schiess-
stand, Exerzierplätze und eine «Militär-
schwimmschule» (der heutige Schlossweiher‘!).
Schloss Vaduz birgt nicht nur eine vielbesuchte
Gastwirtschaft sondern dient auch als Kaserne
und Zeughaus.
Peter Rheinberger, der Bruder des Komponisten,
ist 1859 zum Oberleutnant und Kommandanten
des liechtensteinischen Kontingents ernannt wor-
den. Er ist zusammen mit Feldweibel Andreas
Walch für die militärische Ausbildung und Ver-
waltung verantwortlich. Walch hat ein Haus im
Städtlierworben und ist 1857 ins Vaduzer Bürger-
recht aufgenommen worden.
Die Bundesinspektion unseres Kontingents am
27. September hat ein günstiges Resultat. General
von Herman zeigt der Mannschaft seine «voll-
kommene Zufriedenheit». Jährlich werden die
militärpflichtigen Jünglinge zum Rekrutendienst
aufgeboten. Nach der Musterung entscheidet das
Los, wer von den Tauglichen zum mehrwöchigen
Militärdienst einrücken muss. «Spielbuben»
nennt man deshalb. die Stellungspflichtigen. Das
Läuten des Schlossglöckleins verkündet, wenn
ein Vaduzer beim Losen «verspielt» hat und ein:
gezogen wird. 1863 ist der Jahrgang 1842 an der
Reihe. Neun «Kandidaten» stehen auf der Vadur-
zer «Konskriptionsliste».
Kolorierte Uniformtafeln in Lithographie aus
dem schönsten und umfangreichsten Unifor-
menwerk über das deutsche Bundesheer (1838
bis 1843 von H.A. Eckertund D. Monten) zeigen
auch die Montur der liechtensteinischen Solda-
ten. Dass mehr als hundert Jahre später (1966) die
Musikanten der Harmoniemusik Vaduz in den
gleichen Waffenröcken in den Schlosshof ziehen,
um ihre neuen Uniformen stolz dem Landesfür-
sten zu präsentieren, kann noch niemand ahnen.
Kulturelles -Gründung des Musik-
vereins
Seit einiger Zeit, besonders nach dem Erlass der
Verfassung von 1862, hat ein Gefühl derFreiheit,
ein Bewusstsein einer allgemeinen Neuordnung
die Bevölkerung erfasst. Ein Aufbruch zu eigen-
ständiger Tätigkeit, ein wirtschaftlicher und
kultureller Aufschwung hat eingesetzt. Die am
12. April 1863 erscheinende erste Landeszeitung
ist ein neuer Ausdruck der öffentlichen Meinung
Das Vereinswesen in der Gemeinde belebt sich.
Zum bis anhin einzigen Verein, dem 1827
gegründeten Schützenverein, sind neue Ortsve-
reine gestossen. Martin Joseph Oehri, nach dem
Führer der ungarischen Unabhängigkeitsbewe-
gung «Kossuth» genannt, ist 1853 ın Vaduz in den
Schuldienst getreten. Er hat als Organist gedient
und hier einen eigenen Chor geleitet. Nach seiner
Versetzung nach Nendeln ist Oberlehrer Anton
Hinger an seine Stelle getreten und hat die Lei-
tung des Kirchenchores und Männergesangsve-
reins übernommen. 1861 hat sich der «Leseverein
Vaduz» gebildet mit Lesezimmer und Bibliothek
in einem hiesigen Gasthof.
Zwei Gesangsvereine bestehen also bereits in der
Gemeinde. Es fehlt noch eine «Blechmusik». Am
Jakobisonntag 1863 wird sie ins Leben gerufen.
An diesem Tag findet nach altem Brauch ein gros-
ses Volksfest auf dem Schlosse statt, die «Schloss-
kilbi», das Weihefest der Schlosskapelle, die der
Heiligen Anna geweiht ist. Jakobi (25. Juli) ist der
Vortag von St. Anna. An diesem VaduzerFesttag
rückt 1863 die vor kurzem gegründete Triesner
Blechmusik ins Schloss ein und spielt zum Tanz
auf. Die Kapelle ist fünf Mann stark: eine Klart-
nette und vier alte Blechinstrumente. Der Auftritt
der Triesner veranlasst acht junge Männer aus
Vaduz, auch eine Blechmusik zu gründen. Eın
schwieriges Unternehmen. Auf Unterstützung
kann man nicht rechnen. Die Gemeinde ist ohne-
hin mit Rheinwuhrbauten schon stark belastet.
Die Initianten lassen sich aber nicht beirren und
kaufen acht Instrumente für rund 400 Gulden.
Der beträchtliche Geldbetrag wird bei der Spar-
kassa aufgenommen. Johann Rheinberger, der
Bruder des Altvorstehers und Löwenwirts Alois
Rheinberger, ist Bürge. Als Gegenleistung urbari-