sind von der Mitte her spiralförmig geweitet. Mit diesem Öff-
nen der Kreisbewegung wird dem achsial anfallenden Licht
der Sonne geantwortet: indem das Licht darüberfällt, werden
die Tagesstunden gezählt. Ihre Numerierung ist auf den ver-
schieden hohen Stufen in arabischen und römischen Zahlen
vermerkt. Das gussrohe Bronzerelief wurde zum Modell für
die in feingeschliffenem Cresciano-Granit ausgeführte Son-
nenuhr (54) im Hofe des Liechtensteinischen Gymnasiums
zu Vaduz. Diese grosse Skulptur ist begehbar: der Mensch
selbst wird zum schattenwerfenden Ding. Objektiviert aber
wird das Lichtleben an der Sonnenuhr durch das aus Stahl
geformte Gnomon, welches die Ortszeit gibt, die gleichzeitig
feststeht und fortrinnt.
«Ultima latet» wird zuweilen zu den Sonnenuhren geschrie-
ben, weil uns Menschen die letzte Stunde verborgen bleibt.
Aber auch anders, als Gleichmass in der Dauer des Zeitflus-
ses, wird die Sonnenuhr erfahren; so findet sich in der Verbo-
tenen Stadt zu Peking neben dem T’ai Ho Tien, dem Palaste
der höchsten Harmonie, die Sonnenuhr mit dem Gnomon als
Ausdruck einer Qualifikation, die dem Kaiser des Reiches der
Mitte zugesprochen worden ist: dass er als Repräsentant der
Menschen im jährlich neu anhebenden Dialog mit dem Tao
die rechte Zeit weiss. Wie das jedes wahren Künstlers wird
auch Malins Schaffen aus solchen ihm unbewussten Tiefen
genährt, und der Betrachter wird angeregt zu Verknüpfungen
mit Gestalten und Gestaltungen aus allen Kulturbereichen.
Betrachtung von Kunstwerken geht stets vom Einzelnen aus
zum Entfernteren hin, das wieder zurückweist, und die Erfas-
sung des Eigentlichen wird vom Fernen befördert und ange-
reichert. Die Bezüge sind das Anregende beim Gang durch
das eigene «Musege Imaginaire»; so steigt die Erinnerung auf
an den Riesen in Goethes «Märchen», der in der Mitte des
Hofes vor dem Himmelstempel in ein kolossales Gnomon
verwandelt wurde, aus rötlich gläänzendem Steine, «und sein
Schatten zeigte die Stunden, die in einem Kreis auf dem
Boden um ihn her, nicht in. Zahlen, sondern in edlen und
bedeutenden Bildern eingelegt waren.» Nur in der Zeit lässt
sich das Zeitlose erfahren.