Volltext: Georg Malin, Skulpturen

den Raum und. durch den Raum, und damit in die Zeit und 
durch die Zeit lösen, bis zum Diadoumenos, oder dem Diskus- 
werfer und dem Zeus von Artemision. Sie zeigen Bewegung, 
und sie bleiben doch stets in ihrer Mitte. Sie stehen in einem 
eigenen Strahlraum, in den der Betrachter eintritt und sich 
darin, die Figur von allen Seiten betrachtend, bewegt. Es ist 
das Licht, das über die Figur wechselnd fliesst und das ihnen 
durch ihr Spiel der Volumina und des Konkav und Konvex 
Bewegung verleiht. Diese Konzeption blieb bis zu Rodin der 
Kanon der abendländischen Plastik. 
Die Wandlung kommt mit dem Wandel des Weltbildes zu 
Anfang des 20. Jahrhunderts. Brancusi lässt die End/ose 
Säule dreiunddreissig Meter ins Imaginäre steigen: wir wis- 
sen zwar, dass sie endet — und wissen doch noch mehr, dass 
sie in unserer Imagination sich unendlich erhebt; sie ist end- 
'9s in einem kreativ geistigen Lichte. Zadkines Rotterdamer 
Mahnmal zerreisst mit einem lautlosen Schrei die Folter des 
Dunkels und greift ins Licht. Giacometti überkam dank seiner 
tiefen Menschlichkeit immer wieder die Angst vor dem Sturz 
'ns Dunkel und zitterte bis in die sich ihm stets neu entzie- 
nende Nervenhaut seiner Figuren und Köpfe. Twombly, viel- 
leicht der grösste unter den Lebenden, setzt mit seinen aus 
schlichtem Material geformten Raum-Zeit-Gebilden wieder 
Altäre für ein urtümlich antikisches Licht. 
Die Bedeutung, die Malin, der noch immer unterwegs Ist, 
durch seine polierten Bronzen dem Lichte in all seinen physi- 
kalischen Spielformen der Aufhellung, Reflexion und des 
Spiegelns zuweist, ist sehr gross. Aber er geht auch den 
andern Eigenheiten des Lichtes nach. Das Licht wird etwa als 
Zeitgeber gesehen. Für seine Untersuchungen zur Gestal- 
tung einer Sonnenuhr zeugen seine Federzeichnungen aus 
dem Jahre 1970 (51, 52); das Licht wird hier als aus der Kern- 
mitte ausströmend erlebt; es quillt und fliesst und manifestiert 
und materialisiert sich gleichsam erst an den Quadern, die 
vom Zentrum bestimmt sind. Die Ausformung dieser Licht- 
qualifizierung zur plastischen Reliefform zeigt ein Modell des 
Jahres 1972: es ist zur Sonnenuhr geworden (53). Die ver- 
schieden hohen und streng radial bezogenen Körpersektoren
	        

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