Volltext: Georg Malin, Skulpturen

In dieser Phase des Umgangs mit Stahl und Feuer sind 
noch weitere Werke entstanden wie Mann, 1959/1962 (18), 
und Knospe (1960); das Giessen oder das Schweissen von 
Metall blieb Malin bis heute vertraut. Aber in einem Hauptwerk 
hat diese Phase des Gefühls von Bedrohung in den sechziger 
Jahren ihren reinigenden Abschluss gefunden. Es ist dies der 
Totenkopf aus dem Jahre 1962 (27). 
Dieser Kopf ist übergross, 77,5 cm hoch. Die verschiedenen 
Stahlstücke sind so verschweisst, dass eine sprechende 
Binnenkontur die einzelnen Gesichtspartien einbindet und 
zugleich aussondert; diese Schweissnähte reden im Ganzen 
mit wie die Schattenzeichnung der dunklen Bleistege in einer 
leuchtenden Glasmalerei. Die bewegten Spuren über dem 
Schädel lassen an jenes kurze Prosastück denken, in dem 
Rainer Maria Rilke angesichts eines Totenschädels die Mög- 
lichkeit meditiert, den Kronen-Nähten, Grammorillen gleich, 
mit einem Tonarm die Schwingungen zu entlocken, um Urge- 
räusche hörbar zu machen. Es wäre wohl ein erschreckendes 
Geräusch. Ein unerhörtes inneres Geschehen hat die konka- 
ven und konvexen Formen dieses Kopfes geprägt; Mund- und 
Augen-Partien sind schmerzhaft mittels eines Schweiss: 
brenners mit sehr heissen Stichflammen Spuren eingebrannt. 
Nase und Nasenwurzel bilden mit den gleichsam verbarri- 
kadierten Augen ein Kreuz. Der russische Maler Jawlensky 
(1864-1941) aus dem Umkreis des «Blauen Reiters» hat in 
seinen späten Meditationsbildern solche Köpfe des verfolgten 
und gefolterten Christus geformt, eines Christus, der alles 
Dunkel überwindend zuletzt doch noch auferstanden ist. Der 
Kopf eines vom Tode schon Gezeichneten ist diese bedeu- 
tende Stahlplastik; das Elend aller Verfolgten spricht stumm, 
aber entsetzlich deutlich aus diesem Mahnmal. Dieses Werk 
wurzelt tief in menschlicher Anteilnahme. 
Die Bedrohungs-Thematik hatte im Werk Malins bereits 1955/ 
56 im Atomkopf aus Balzner Marmor (20) eine eindrucksvolle 
Ausformung erfahren.
	        

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