Brunnen von Disentis
118—119 Brunnen von Disentis, Arbeit am Modell
Oder das Andere —- und manchmal fugal gleichzeitig: sich zur
äussersten Vereinfachung zurück zu finden. Dies hat Malin in
der Arbeit am mathematisch konzipierten Würfel getan.
Anfang der achtziger Jahre erhielt Malin den Auftrag, für den
von Kirche und Gebäulichkeiten umstellten grossen Hof des
Klosters Disentis im Graubünden eine den Raum fassende
Alastik zu schaffen. Disentis war um 750 vom Churer Bischof
Ursicinus über den Gräbern der heiligmässigen Eremiten Pla-
cidus und Sigisbert, die sich von Luxeuil aus in die «desertina»
des Hochtals zurückgezogen hatten, errichtet. Nach der
Zerstörung der Früh-Anlagen durch die Sarazenen im Jahre
940 war das Kloster wieder aufgebaut und durch reiche
Schenkungen ausgezeichnet worden. Als eigentlicher reichs-
unmittelbarer Klosterstaat herrschte es weithin, zeitweise
bis nach Oberitalien hinein. Das benediktinische Disentis
war ein Kulturzentrum geworden; seit 1881 führt das Kloster
ein Gymnasium.
Malin selbst war dort zur Schule gegangen und kannte und
liebte den Ort. Auf dem Grunde des heutigen Klosterhofes
standen, jetzt durch aufgemauertes Wandwerk der Apsiden
augenfällig gemacht, einstmals die drei frühmittelalterlichen
Kirchen St. Maria, St. Martin und St. Peter. Grabungen dieses
Jahrhunderts entdeckten im Bereiche von St. Martin einen
Querstollen mit einem Rundbau, der als Reliquienkrypta des
HI. Placidus interpretiert wird.
In der Hofhöhe im Lichte über diesem Rundbau in der Tiefe
steht nun die grosse Würfelplastik von Malin, vielfältig zu ihrer
Umwelt Bezug nehmend (720, 727). Ein Rundbecken ist mit
Wasser gefüllt, wie ein spiegelndes Himmelsauge. Aus seiner
Mitte erhebt sich über einem niedern quadratischen Granit-
sockel, der unter der Plastik eingezogen erscheint, der
Bronzewürfel. Er ist matthell patiniert. Auf allen vier Seiten
und auf der Oberseite sind verschieden eingetiefte oder vor-
stehende Diagonalen, die in ihrem Schnittpunkt der Mitte ein
erhabenes oder versenktes und über Eck gestelltes Quadrat
bewirken. Die Diagonalen in der Quadratfläche bilden so eine