Volltext: Georg Malin, Skulpturen

Frucht und Kuben 
In der kleineren polierten Bronze Kristallene Frucht von 1982 
wird ein Formthema sichtbar, das zunehmend die späten 
Werke prägen wird: die Geometrisierung. Schon im Titel fällt 
das Adjektiv «kristallen» auf. Das Organische der Frucht ver- 
bindet sich mit dem Mineralischen. Mythisch aufgefasst, hat 
sich im Kristall der amorphe Urstoff Erde durch Einwirkung 
der formenden Urelemente Wasser und Feuer zur Gestalt 
geschlossen. In ihr wirken die Verhältnisse der Zahl. Die Zahl 
als Grundschlüssel für den ganzen Kosmos wird in vielen 
Hochkulturen postuliert; von den kristallenen Früchten in ihren 
Himmelsgärten berichten die Gesänge mancher Religion. 
Wie zu einem ersten Versuch sich vortastend, hat Malin im 
folgenden Jahre 1983 eine kleine Bronze geschaffen, die er 
Komposition mit 9 Würfeln nennt (108). In einer quadratischen 
Anordnung sind neun Körper zusammengefasst, deren Ober- 
flächen leise zwischen Quadrat und Rechteck variieren, deren 
Winkel zu den absteigenden Seiten leicht stumpf gehalten 
sind und-deren wenig ausstehende Seiten von oben wie 
von unten sich in einer Knickkante treffen. Es sind also 
nicht genau stereometrische Würfel — so wenig wie die alt- 
ägyptischen Würfelhocker dieser strikten Bestimmung ent- 
sprechen würden. Es geht etwas Magisches vom Ganzen aus; 
gerade durch diese stille Abweichung von der Strenge der 
Stereometrie wächst dem Werk Leben zu. 
Malin hat in den zwei Jahren 1983/84 diese Komposition mit 9 
Würfeln (107) gross in Balmoral-Granit gehauen und auf einen 
schweren Holzsockel gesetzt. Dadurch wird nun die ganze 
Kraft dieser Gestaltform sichtbar. Die Mittelerhebung bietet 
ein reines Quadrat; bei den acht umschliessenden andern 
polyedrischen Körpern hat Malin die strenge Geometrie 
zurückgenommen. Die vier sich kreuzenden monolithischen 
Verbindungen zwischen den Erhebungen erscheinen wie 
Strassen durch ein Feld mit neun Stumpfpyramiden, unver- 
gesslich demjenigen, der einmal durch die heilige Prozes- 
sionsstrasse von Teotihuacan mit ihren Altarpyramiden 
geschritten ist.
	        

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