Toleranz - Rechte und Pflichten in der Gemeinschaft
dernetz der Arapesh elastisch ist, sich an den Kör-
per des Kindes anschmiegt, ihn dabei mit leich-
tem Druck in die vorgeburtliche Form presst und
in seiner Leichtigkeit keine Trennwand zwischen
dem Kind und dem warmen Körper der Mutter
bildet, ist der Korb der Mundugumor rauh und
steifund undurchsichtig. Das Kind muss sich der
unnachgiebigen Form des Korbes anpassen und
dabei mit angepressten Armchen ganz aus-
gestreckt liegen. Die dicken Korbwände lassen
die Körperwärme der Mutter nicht durch, und das
Kind sieht nichts als den engen Spalt am Ende des
Korbes, durch den ein Lichtstrahl fällt. Die
Frauen nehmen ihre Kleinen nur auf weite Wan-
derungen mit, und da ihre Wege - zu ihrem Fisch-
barad oder den Sagopalmen - meistens nur kurz
sind, lassen sie sie meist in der Hütte aufgehängt
zu Hause. Schreit ein Säugling, so wird er nicht
sofort an die Brust genommen; eine in der Nähe
befindliche Person wendet die traditionelle
Methode zur Beschwichtigung eines unruhigen
Kindes an: ohne es anzuschauen oder zu berüh-
ren, fährt die Mutter oder eine andere Person mit
den Fingernägeln an der Aussenwand des Korbes
entlang und verursacht ein hartes, kratzendes
Geräusch. Die Kinder werden daran gewöhnt, auf
dieses Geräusch zu reagieren und sich mit diesem
dürftigen Entgegenkommen auf ihr Weinen, das
doch, eigentlich dem Bedürfnis nach Wärme,
Wasser oder Nahrung entspringt, zufriedenzuge-
ben. Erst wenn das Weinen gar nicht aufhört, wird
das Kind endlich genährt.
Sobald es auch nur einen Moment zu trinken auf-
hört, muss es in sein Gefängnis zurück. Die Kin-
der entwickeln daher eine ausgesprochen zielbe-
wusste kämpferische Haltung, lassen die Brust
nicht los und saugen die Milch so schnell und
kräftig wie möglich in sich hinein. In ihrer Hast
verschlucken sie sich oft; das macht die Mutter
»öse und das Kind aufgebracht, so dass der wei-
tere Vorgang des Säugens unter Arger und Kampf
vor sich geht, statt das Gefühl der Wärme und
Geborgenheit zu erzeugen.
Margreth Mead