einer Bastdecke oder in seinem kleinen Netz auf-
gehängt zurückzulassen. Ist der kleine Aufpasser
ein Junge, so hält er das Kind in seinen Armen,
während Mädchen das Babynetz auf dem Rücken
tragen.
Sobald das Kind zu laufen beginnt, ändert sich
der ruhige Rhythmus seines bisherigen Lebens.
Es ist jetzt bereits zu schwer, um dauernd von der
Mutter getragen zu werden, und kann auch schon
eine Weile ohne Saugen an der mütterlichen
Brust auskommen. Die Mutter lässt das Kind also
in der Obhut des Vaters oder eines anderen Ver-
wandten im Dorf, während sie in den Garten geht
oder Brennholz holt. Bei ihrer Rückkehr findet sie
häufig ein weinendes und verdrossenes Kind vor
and legt es voller Reue für etwa eine Stunde an
die Brust. Dieser Rhythmus, der mit einer Stunde
Abwesenheit und einer Stunde tröstenden Stil-
lens beginnt, wird allmählich auf längere Perio-
den ausgedehnt, bis die Mutter schliesslich, wenn
das Kind etwa drei Jahre alt ist, einen ganzen Tag
hindurch abwesend ist, um das Kind, das inzwi-
schen natürlich eine entsprechende Ersatznah-
rung erhält, am nächsten Tag ununterbrochen in
ihrem Schoss zu halten und es trinken oder spie-
len zu lassen, wann immer es will, und ihm so das
Gefühl der Geborgenheit wiederzugeben. Dieses
Erlebnis geniesst die Mutter ebenso stark wie das
Kind. Das Kind lacht und jauchzt und macht aus
dem Trinken ein ausgedehntes, behagliches
Spiel. Auf diese Weise gibt der Vorgang des Näh-
rens Gelegenheit zu innigsten Liebesbeweisen
und führt dazu, dass das Kind am ganzen Körper
sensibel gegenüber Zärtlichkeiten wird. Hier wird
nicht einem vollständig bekleideten Kleinkind
eine kühle, harte Flasche gereicht, die es schnell
austrinken muss, um dann sofort einzuschlafen,
damit die Mutter von der Last befreit ist, die
Flasche zu halten; sondern das Nähren ist für die
Mutter wie für das Kind ein langes, köstliches,
begehrtes Spiel, in dem die behagliche, warme
Liebesfähigkeit eines ganzen Lebens begründet
ist.
Das Wertsystem und die Lebensart der Mundu-
zumor stehen in krassem Gegensatz zu der Kul-
tur der Arapesh. Die Mundugumor sind Kopfjä-
zer weiter südlich im Inneren der Insel, an den
Ufern eines Flusses (Yuati). Sie kennen kein rich-
tiges gemeinschaftliches Leben, Freundschaft ist
ihnen fast unbekannt. Aggressivität und Feindse-
ligkeit sind an der Tagesordnung, nicht nur gegen-
über benachbarten Kopfjägerstämmen, sondern
auch zwischen den Stammesangehörigen selbst,
und sogar innerhalb der Familiengemeinschaft.
Jeder muss sich vor seinem Nachbarn in acht neh-
men und versuchen, sich gegenüber dem ande-
ren zu behaupten.
Ein Mundugumor-Knabe wird in eine feindliche
Welt hineingeboren und lernt, seine Geschlechts-
genossen als Feinde zu betrachten, Befähigung
zur Gewalttat als Voraussetzung für den Erfolg zu
3aben; er muss Beleidigungen wahrnehmen und
:ächen können und sein eigenes Leben fast
ebenso geringschätzen wie das seiner Feinde.
Von Geburt an wird er systematisch zu dieser Hal-
tung erzogen.
Die Neugeborenen liegen in einem eng- und
grobgeflochtenen Tragkorb, den die Frauen an
Bändern von der Stirn hängend tragen, so wie die
Arapesh ihre Flechttaschen tragen. (Und wie die
Arapesh die gleiche Bezeichnung für Mutterleib
wie für diese Tasche haben, so bezeichnen die
Mundugumor den Mutterleib mit dem gleichen
Wort wie den Tragkorb.) Aber während das Kin-