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Nachdem wir die Haltlosigkeit der gegenerischen
Einwände dargetan haben, fällt auch dieser Gegenvor
schlag ohne weiteres als unmotiviert dahin. Dennoch
sei uns gestattet, auf einige besondere Bedenken hinzu
weisen, welche derselbe wachruft.
Eine große Gefahr haben selbst die Gegner nicht
ignorieren können, nur versuchen sie, dieselbe möglichst
harmlos hinzustellen: nämlich die Rückwirkungen einer
solchen Bevorzugung auf die andern Handelsverträge
infolge der Meistbegünstigungsklausel. Die Handelsver
träge mit den meisten Staaten, namentlich aber mit
den Eroßstaaten, enthalten nämlich eine Klausel, die
der folgenden, aus dem Handelsvertrag mit dem Deut
schen Reiche vom Jahre 1904 entnommen, im wesent
lichen entspricht:
„Die beiden vertragschließenden Teile verpflichten
sich demgemäß, jedes Vorrecht und jede Begünstigung,
welche sie in den gedachten Beziehungen einer dritten
Macht bereits zugestanden haben oder in der Folge zu
gestehen möchten, insbesondere jede Ermäßigung der
Eingangs- und Ausgangsabgaben, gleichmäßig auch
dem andern vertragschließenden Teile gegenüber ohne
irgendwelche Gegenleistung in Kraft treten zu lassen."
Was soll aus unsern Schutzzöllen für Nutzvieh,
Schlachtvieh, Wein, Holz usw. werden, wenn unsere
großen Nachbarstaaten aus Grund ihrer Verträge eben
falls ungehinderte oder gar zollfreie Einfuhr verlan
gen? Der Ausfall an Zolleinnahmen allein würde mehr
als das Hundertfache der Summe ausmachen, welche
Liechtenstein auf Grund des Zollvertrages beziehen soll.
Ob alle Staaten so leichten Sinnes bereit sein werden,
auf diesen Vorteil zu verzichten, vermögen wir nicht
zu beurteilen.
Im weitern ist zu beachten, daß der Eidgenossen
schaft auf diese Weise die Einfuhrzölle auf den liechten
steinischen Waren verloren gingen. Wie hoch die Geg
ner diesen Ausfall einschätzen, ist nicht leicht festzu
stellen. Auf Seite 27 der Broschüre, wo es sich um die