Es war am 9. September 1933, dass ich das erste Mal
«Dux» sah, ohne damals um den Namen «Dux», ein
stilles Gelände oberhalb des Dorfes Schaan, zu wissen.
Im Sommer dieses Jahres hatte Bischof Laurentius
Matthias, bei einer Visitation in Sarnen mich gefragt, ob
ich nicht die Pfarrei Schaan im Fürstentum Liechten-
stein übernehmen möchte, da der bisherige Pfarrer
Josef Büchel resigniert habe. Wiewohl ich mich in
Sarnen, wo ich mich sehr wohl fühlte und mit meinem
«Chef», dem damaligen Kanonikus Albert Lussi, dem
späteren Regens des Priesterseminars St. Luzi in Chur,
in einem herzlichen, brüderlichen Verhältnis stand,
lockte mich doch eine Veränderung und zwar ganz
besonders eine nach Liechtenstein. Trotz der Nähe
Schaans zu Sargans, dem Ort, wo ich geboren und
aufgewachsen bin, kannte ich das Dorf nicht. Kurz
nach meiner Primiz 1922 war ich allerdings, vielleicht
für eine Stunde einmal in Schaan gewesen. Was mir in
Erinnerung geblieben war, war das Bild eines Dorfes
mit einer grossen Kirche. Ich bat den Bischof um eine
Bedenkzeit, die mir auch gewährt wurde. Am 9. Sep-
tember fuhr ich nun mit meiner Mutter nach diesem
Schaan mit der grossen Kirche. Es sind jetzt 52 Jahre
her, aber ich erinnere mich noch sehr gut des ersten
Blickes auf Schaan von einer Stelle oberhalb Gams, die
den ersten Blick aufs Rheintal freigab. Was ich als
erstes erspähte — natürlich auch suchte — war jenseits
des Rheins ein Dorf mit einer Kirche, die auch von
dieser Stelle aus sofort als der das Dorf überragende
Bau den Blick auf sich zog.
Und eine Enttäuschung war. Der erste Schritt in
Schaan galt verständlich der grossen Kirche. Ich
gestehe, dass ich sie mit mehr Neugier als Ehrfurcht
betrat. Was ich sah, dämpfte meine beginnende Begei-
sterung ob der Aussicht, hier einmal wirken zu dürfen.
Eine gipserne Statue des heiligen Aloisius, Papierblu-
men auf den Altären und ein dunkler Chor, in dem der,
der aus der Helle dieses sonnigen Tages in diesen
Raum trat, den Altar wirklich nicht gleich erblickte. Mit
sehr gemischten Gefühlen verliess ich das Gotteshaus,
das mir von aussen so imposant erschienen war. Da
ich mich erinnerte, bei der Herfahrt, etwas ob dem Dorf
eine kleine Kapelle erblickt zu haben, suchte ich sie nun
auf. Wem sie geweiht war, wie sie hiess und wie der Ort
hiess, wo sie stand, war mir ganz unbekannt. Dass es
eine Muttergotteskapelle war, erfuhr ich durch die
Inschrift am First des Kirchleins: «Maria zum Trost». Der
«Consolatrix afflictorum», der Trösterin der Betrübten,
war sie also einmal geweiht worden. Vielleicht weil ich
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