Die Hintergründe des neuen Zollvertrags
mit der Schweiz
Um den Hintergrund der in dieser Dokumentation zum Ausdruck kommen-
den Veränderungen im Wirtschaftsleben Liechtensteins zu verstehen, lesen
Sie einige Absätze des österr. Historikers Prof. Dr. Gerhard Wanner, der
sich mit dieser Materie eingehend befasste.
und Vorarlberg... ist in jüngster Zeit
der Ruf Los von Wien immer mächti-
ger geworden. Auch wir wollen los von
Überraschend für Vorarlberg und die Wien und los von dieser Hofkanzlei.
Mehrheit der Liechtensteiner beschloss Über uns sollen Liechtensteiner und
der dortige Landtag am 2. August 1919 nicht landsfremde Leute sitzen und
die Kündigung des Zollvertrages mit richten... Zu dieser Hofkanzlei mit ih-
Österreich. Obwohl dieser Beschluss ren österreichischen Beamten haben
einstimmig gefasst worden war, stand wir nun in Gottes namen kein Zutrau-
hinter diesen Bestrebungen doch in er- en mehr, und es ist geschichtlich be-
ster Linie die Volkskpartei, welche, gründet”.
wie die Vorarlberger Christlichsozia- Auch das sonst gemässigte und vor-
len, ihr Heil in einem wirtschaftlichen sichtige Liechtensteiner Volksblatt
Anschluss an die Schweiz sah. weist schon früh auf die „Vorarlberger
Dem den Vorarlbergern bekannten Anschlussfrage” hin, wenn auch nur
Trend Liechtensteins zur Schweiz wur- mittels Schweizer Leserbrief und au-
de jedoch, selbst in Feldkirch, anfangs thentischer Vorarlberger Quellen!
wenig Bedeutung geschenkt, da derbe. „Wir wollen zur Schweiz, dann gibt's
sonders in den Oberrheinischen Nach- wieder Ordnung in unserem Länd-
richten gezeigte Liechtensteiner Natio- chen. Nehmt uns doch auf ihr Schwei-
nalismus und das offene „Antiwiener- zer!” Diesem Hilferuf folgt eine Schil-
um” selbst mit der Meinung der Vor- derung über die Korrupten und protek-
arlberger Deutschfreiheitlichen, die ei- tionistischen österreichischen Offizie-
nen Anschluss an Deutschland re, die im Zusammenhang mit dem
wünschten, konform ging. Was den Rückzug ihre unredlich erworbenen
Oberrheinischen Nachrichten die Hof- Güter ins Hinterland brächten. Eine
kanzlei mit ihren österreichischen Be- für Vorarlberger und Liechtensteiner
amten war, waren den Vorarlbergern Schmuggler nicht unwesentliche Tatsa-
die „Wiener Regierung”, der „Amts- che.
schimmel” und die besonders in Feld- Womit die Liechtensteiner Volks-
kirch unbeliebten Etappenoffiziere. partei in den „Oberrheinischen Nach-
Unter dem Titel „Los von Wien” richten” die skeptischen Unterländer
schrieben die Oberrheinischen Nach- mitzureissen suchte, die lieber unter
richten am 12. April 1919: „In Tirol „österreichischer Bevogtung” stehen
Los von Österreich — ein
gemeinsamer Weg