60 Jahre Schweizer Grenzwächter in Liechtenstein (II)
Wie beschreibt man einen
Grenzverlauf?
vv - 1923 wurde der Zollvertrag zwi-
schen Liechtenstein und der Schweizeri-
schen Eidgenossenschaft unterzeichnet,
1924 — vor 60 Jahren also — wurden die
entsprechenden Abmachungen, in die
Tat umgesetzt.
In einem der aufgrund des Zollan-
schlusses erforderlich gewordenen Miet-
verträge zwischen dem Chef der eidge-
nössischen Grenzwache in Chur bzw.
der schweizerischen Oberzolldirektion
und der Gemeinde Planken geht es um
ein Haus. Der Chef der Grenzwache,
Hauptmann Zellweger, tritt als Mieter
auf und soll laut Vertrag jährlich für das
Haus Fr. 500.— inklusiv Wasserzins be-
zahlen. Schon an diesem Preis kann man
erkennen, dass es schon eine ganze Wei-
le her ist, was hier erörtert wird... Unter
„Besondere Vereinbarungen” findet
sich eine kuriose Klausel in ebenso ku-
riosem Deutsch: „Im Fall der Zollan
schluss nicht zustande kommt, fällt obi
ger Vertrag dahin”. Das war wohl weni
ger Pessimismus als beamtengerechte
Absicherung für den Fall der Fälle.
Der neue Mieter musste natürlich ei
nen Standard vorfinden können, der sei-
nem Rang und seiner Stellung angemes-
sen war. Dieser Standard war damals
noch nicht überall in Liechtenstein
selbstverständlich. So mussten die Zim-
mer neu getäfelt werden, die damals ge-
bräuchlichste Innengestaltung, es muss-
ten Vorfenster angebracht werden, und
in den Wohnräumen musste erst elektri-
sches Licht installiert werden! Von den
damaligen Vorstellungen eines komfor-
tableh, wenn auch sicher nicht luxuriö-
sen Hauses kündet auch diese Verbesse-
rung: „Anbau eines Abortes und eines
Holzschopfes an das Haus”. Damals war
unterzeichnender Vorsteher Ferdinand
Beck.
Das waren noch Zeiten...
Ein bezeichnendes Licht auf die damals
herrschenden Verhältnisse werfen auch
andere Verträge. So erfahren wir aus
dem Pachtvertrag betreffend Errichtung
einer Zollwachthütte am Rennhofweg
Mauren zwischen dem Landtagsabge-
ordneten Peter Büchel und wiederum
dem Chef der eidgenössischen Grenz-
wache Chur, dass der Pächter für den
Platz einen jährlichen Mietzins von Fr.
4.—(!), „zahlbar Ende des Jahres“ zu
entrichten habe. Es scheint fast, als habe
man damals für die Bereitstellung eines
ohnehin nicht genutzten Fleckchens Er-
de noch das verlangt, was man seinem
Gewissen gemäss verlangen durfte und
nicht das, was aufgrund reger Nachfrage
eben bezahlt wird... — 15 Franken er-
hielten die Besitzer eines bereits auf
Vorarlberger Gebiet liegenden Boden-
streifens dafür jährlich bezahlt, dass
schweizerische Grenzwächter zu Dienst-
zwecken dieses Land betreten würden.
Sie durften den Weg aber nicht unnötig
verbreitern und nur in dringenden Fäl-
len, zum Beispiel zur Schmugglerverfol-
gung, verlassen. Dass sie diese Grenz-
überschreitung überhaupt ständig unge-
fragt vornehmen durften, dazu hatte sie
grosszügigerweise bereits das schweize-
rische Zollgesetz ermächtigt. Es ent-
sprach allerdings damit zweifellos der
Vernunft und traf wohl auch auf keinen
Österreichischen Widerstand. Und die