waren — je nach Zeitungsberichten — 200 bis 250
Personen anwesend. Die Versammlung disku-
tierte die vom Ausschuss vorgelegten Statuten.
Vor allem 1 der Statuten gab Anlass zu kontro-
versen Äusserungen. Im Bericht der «Oberrhei-
nischen Nachrichten» heisst es —- mit einem Sei-
tenhieb auf die Geistlichkeit — unter den Nicht-
arbeitern habe sich eine Debatte entsponnen,
ob sich der Verein «christlich-sozialer Arbeiter-
verein» nennen solle. Dazu machte auch der
«von einem Geistlichen mitgebrachte» christ-
lich-soziale Arbeitersekretär Eisele aus St. Gallen
einige Ausführungen. Dem wurde vom Vorsit-
zenden der Versammlung, Andreas Vogt, entge-
gengehalten, man wolle auch «andersgläubigen
Arbeitern» den Eintritt in den Verband ermögli-
chen und deshalb ziehe man es vor, konfes-
sionell neutral zu bleiben.
Nach einem «Eingesandt» in den «Oberrheini-
schen Nachrichten» wäre es «furchtbar unklug»
gewesen, dem Verein den Begriff «christlich-sozi-
al» beizufügen. Der Name allein mache nämlich
nicht katholischer und schliesslich — so folgerte
der Einsender - gehe nicht der Verband in die Kir-
che, sondern die Mitglieder des Verbandes.
Nach «gewalteter Diskussion» wurden die
Statuten von der Versammlung genehmigt und
vom Präsidenten Friedrich Kaufmann, Schaan,
unterzeichnet. Weitere Mitglieder des Vorstan-
des waren Andreas Vogt, Balzers, Vizepräsident,
Fidel Negele, Triesen, Kassier, Johann Konrad,
Schaan, Schriftführer.
Gemäss dieser Statuten gewährte die Orga-
4isation allen im In- und Ausland lebenden
liechtensteinischen Arbeitern und den in Liech-
tenstein arbeitenden Ausländern Mitgliedsrecht.
Die Aufgabe des Verbandes bestand darin, sei-
ne Mitglieder «auf eine möglichst moralisch
hohe Stufe zu bringen und ihnen dauernd einen
menschenwürdigen Anteil an den Errungen-
schaften der Kultur zu sichern». Dieser Zusatz
war wohl als Zugeständnis an die Forderung
nach christlich-sozialer Ausrichtung des Verban-
des gedacht.
Die Hauptaufgaben des Verbandes lagen ge-
mäss Statuten in der «Vertretung der wirtschaft-
lichen Interessen seiner Mitglieder durch die
Verbesserung der Lohn- und Arbeitsbedingun-
gen, So weit sie, unsern Verhältnissen anpas-
send, gerecht sind». Der Verband war auch be-
strebt, seinen Mitgliedern «nach Möglichkeit
Rechtsschutz zu gewähren». Die «Höhe der
Gewährung» dieses Rechtsschutzes war aber
mit der Verbandskassa «in Einklang zu bringen».
Als Beitrag hatten die Mitglieder 1 Krone
wöchentlich zu bezahlen. .
Wichtige organisatorische Stützen des Ver-
bandes bildeten die Ortsgruppen, wobei fest-
gesetzt wurde, dass in jeder Gemeinde nur eine
Ortsgruppe bestehen dürfe. Mit der Bemerkung,
dass weibliche Berufsgruppen die Hälfte der
festgesetzten Beiträge zu bezahlen hätten, wurde
indirekt die Gründung von Arbeiterinnenorgani-
sationen als Möglichkeit in Betracht gezogen.
In der Folgezeit wurden in verschiedenen Ge-
meinden, vor allem des Oberlandes, Versamm-
lungen abgehalten, um dort örtliche Vereinslei-
tungen zu wählen. Es kann in diesem Zusam-