Volltext: Geschichte des fürstlichen Hauses Liechtenstein

81 
Von Gloggnitz ans ritt Ulrich mit seinem Zuge nach 
Neunkirchen, wo er von neun Rittern erwartet wurde. Gleich 
der erste von ihnen, Ortols von Gräz, traf in einem schönen 
Tjost Ulrich so unglücklich, daß der Speer ihm durch Schild 
und Harnisch drang und selbst die Brust verwundete. Ulrich 
deckte Blut und Wunde mit dem Rock und setzte dessenunge 
achtet den Kampf noch fort, ging dann aber in die Herberge 
und ließ sich die Wunde verbinden. Als es kund ward, daß 
die Königin verwundet sei und das Stechen aufgeben müsse, 
beschloß Ulrich noch einen Tag zu bleiben; dann ging er am 
andern Morgen als Königin zur Kirche und zeigte sich allen 
hochgemnth und gesund. Darüber entstand große Freude und 
cs erhob sich so großes Gedränge um ihn, daß die Kirchthür 
eingedrückt wurde. 
Auf dem Wege nach Neustadt harrten der Königin wieder 
verschiedene Ritter, mit denen er einige Speere »erstach, und 
dann zog er in Neustadt ein, wo er sich, denn er war hier 
bekannt, außerhalb der Stadt ein Bad bereiten ließ. Während 
sein Kämmerer nach der Herberge ging ihm ein anderes Ge 
wand zu holen und er allein da saß, erschien ein fremder Knappe, 
breitete einen schönen Teppich vor das Bad aus, legte Frauen 
kleider darauf, eine Rise (Schleier) und einen Rock, dazu einen 
Gürtel, eine Spange, einen Reif, auf das Haupt zu setzen, und 
einen Ring mit funkelndem Rubin, und daneben legte er einen 
Brief. Unwillig hieß ihn Ulrich all das wieder wegnehmen, 
denn der Dienst, den er einer Frau gewidmet hatte, verbot 
ihm Geschenke von einer anderen anzunehmen. Der Knappe 
aber antwortete nicht, sondern ging hinaus und kam alsbald 
mit zwei anderen Knechten zurück, die frischgebrochene rothe 
Rosen trugen. Diese streute er über den Badenden hin, obwohl 
dieser schalt und bat, bis er ganz damit bedeckt war und ihn 
niemand mehr sehen konnte. Dann überdeckte jener die ganze 
Diele damit um das Bad herum, und als das geschehen, ver 
neigte er sich tief und ging schweigend, wie er gekommen war. 
Falke, Liechtenstein. 6
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.