Volltext: Geschichte des fürstlichen Hauses Liechtenstein

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Speer ging seinem Pferd in den Hals, so daß Ulrich absteigen 
mußte. 
Mittlerweile war es Abend geworden und Ulrich ging 
unerkannt in seine Herberge zurück, obwohl die Ritter ihm 
folgten und sich alle Mühe gaben zu erfahren, wer er sei. 
Noch schlief er am nächsten Morgen, als schon 200 Frauen 
vor seiner Herberge erschienen, um ihn zur Messe zu begleiten; 
da kleidete er sich auf das schönste nach Frauenart, legte einen 
weißen Sammtmantel mit goldgewirkten Thierfiguren darüber, 
setzte eine Haube auf und band die langen, perlumwundenen 
Zöpfe darein und verhüllte das Gesicht mit der Risen, einem 
schlcierartigen Kopftuch. Als er erschien, empfing ihn manch 
rother Mund mit dem Gruß: „Gottwillkommen, Königin 
Venus." Vor allen diesen Frauen erhub nun der Graf von 
Görz einen Buhurt mit wohl 500 Rittern, aber Ulrich bat 
ihn das Stechen einstweilen zu lassen, da sie zur Kirche gehen 
wollten. So geschah es, und die Damen gingen nun sämmtlich 
zur Kirche, indem eine Gräfin die Königin bei dem Mantel 
führte. In der Kirche hatte währenddeß Ulrichs Kämmerer für 
ihn einen schönen Teppich ausgebreitet und ein reiches Polster 
auf einen Faltstuhl gelegt. Das große Gedränge der Frauen 
um ihn ließ ihn kaum zum Opfer gelangen und er benahm 
sich einigermaßen blöde dabei, sodaß nicht wenig gelacht wurde, 
ja er mußte sogar den Schleier vor einer hochgebornen Dame 
abnehmen, die ihm bei dem Pace den verschleierten Mund 
nicht küssen wollte. Da erkannte sie freilich in der Königin den 
Mann, erfüllte aber mit Lachen seinen Wunsch. So ging man 
von allen Seiten mit gutem Humor ans Ulrichs Unterneh 
men ein. 
Als die Messe beendet war, begleiteten die Damen ihn 
wieder zur Herberge, wo er sich von ihnen empfahl. Die Ritter 
baten den Podestà, weiter mit der Königin stechen zu dürfen, 
er aber erlaubte es nur auf einem von der Stadt entfernter 
gelegenen Platz. Dahin zog nun alles hinaus. Ulrich vcrstach
	        

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