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Frau als Preis für die Ritter. Aber es entstand Neid und
Zank darüber, wodurch das Turnier endlich.ganz zerfiel^).
Darauf zog Ulrich wieder in das Land seiner Geliebten
zurück, hoffend, daß er einen Boten an sie finde, und rechnend
auf die Güte, die sie ihm zuletzt erwiesen hatte. Aber er ver
rechnete sich, als er mehr verlangte. Einen Boten fand er
allerdings in einem Freunde, einem ritterlichen Knappen, der
durch seine Niftel von dem Kummer seines Herzens gehört
hatte, und zu Ulrichs großem Schmerz, der sein Geheimniß
durch eigene Schuld verrathen glaubte, auch den Namen der
hohen Dame wußte. Diese aber wies den Boten mit entschie
denen Worten ab, obwohl er sie bei ihrer Jugend und Her
zensgüte beschwor, Ulrich gnädig zu sein. Nichtsdestoweniger
verzagte Ulrich nicht und gelobte ihr seinen Dienst bis an des
Lebens Ende.
Als der Sommer vorüber war, zog Ulrich nach Rom
und nahm den Knappen mit sich. Dort blieb er sechzig Tage
und kehrte im Frühling nach Ostern (1227) wieder in die
Hcimath zurück. Wie er im Liebesdienst nicht ermattete, so
wurde er auch nicht müde in der Dichtung. Er dichtete Lieder
auf der Fahrt nach Rom und im Sommer, als er zurückge
kommen war, und schickte sie wieder durch den Knappen zur
Herrin. Diese wies ihn noch mit härteren Worten wieder ab
und strafte ihn Lügen, als er versicherte, daß Ulrich einen
Finger in ihrem Dienst verloren habe. Als der letztere das
hörte, liess er sich den verkrümmten Finger, den er ohnedies
wenig brauchen konnte, abhauen und sandte ihn der Dame
zugleich mit einem neu gedichteten Licderbüchlein, das er in
grasgrünen Sammt binden ließ. Auch ließ er vom Goldschmied
zwei goldene Deckel machen, woran die Sperre aus zwei klei
nen Händen bestand, und gab auch den Finger da hinein^).
1) Frauendienst 116.
2 ) Frauendienst 140.