66
') Frauendienst 62 ff.
zeugen. Ulrich hatte auch das Glück, auf einer Reise sich ihr
nähern zu können, aber die Blödigkeit der Liebe verhinderte
zu wiederholten Malen jede Unterredung, bis er sich endlich
ein Herz faßte und ihr seinen ritterlichen Dienst bis zum Tode
anbot, doch nahm sie keineswegs denselben au. Ulrich ließ
sich aber nicht abschrecken; es war ja das Gesetz der Minne,
daß der Ritter dulden und leiden und den Widerstand besiegen
müsse, um zum Ziele zu kommen. In ihrem Dienst zog er
ferner umher, erwarb sich Ruhm im Ritterspiel und dichtete
währenddeß Lieder, die er durch seinen Boten der Herrin zu
sandte. Sie schickte ihm eine schriftliche, gereimte Antwort
zurück, die ihn allerdings wenig befriedigte, als er endlich
ihren Inhalt vernahm, nachdem er sie zehn Tage und Nächte
an seinem Herzen mit sich getragen hatte. Ulrich konnte wohl
dichten und Minnelieder und Tanzweisen singen, aber er konnte
nicht schreiben und lesen, eine Kunst, die, damals fast noch wie
ein Privileg des geistlichen Standes, beim Adel, mit Ausnahme
der in dieser Beziehung gebildeteren Frauen, höchst selten ge
funden wurde.
Die erste glänzende Gelegenheit, sich im Nittcrspiel als
tapferen Kämpfer und zugleich durch poetisch-abenteuerlichen
Hang hervorzuthun, fand Ulrich im Jahr 1224 zu Friesach.
Hierhin zog im Frühling Herzog Leopold mit seiner gesammten
Ritterschaft, um zwischen dem Markgrafen Heinrich von Istrien
und dem Herzog Bernhard von Kärnthen, zwischen denen eine
Fehde ausgebrochen war, Versöhnung zu stiften. Die hoch
wichtige Angelegenheit versammelte außerordentlich viele geist
liche und weltliche Fürsten und den ganzen Adel dieser Länder
am 1. Mai in Friesach; mit ihnen kamen auch Ulrich von
Liechtensteins und sein Bruder Dietmar, welche vorher ihre
Boten ausgesandt hatten, um alle Ritterschaft, welche Lust
hatte Speere zu verstechen, zu jenem großen Tage einzuladen.