Ulrich drr Minnefingrr.
Dietmar III., der letzte aus der Reihe der steirischen
Liechtensteiner, die wir in unserer bisherigen Untersuchung vor
geführt haben, hinterließ zwei Söhne, Ulrich I. und Diet
mar IV., mit denen, wenigstens mit dem ersteren der beiden
Brüder, eine ausführlichere Geschichte des Hauses beginnt und
mit denen wir das Haus zum ersten Mal thatkräftig und be
deutend in die Geschichte der Steiermark eingreifen sehen. Es
ist Ulrich ein gut Theil Mitwirkung beschieden worden in jenen
trüben, wirren und wechselvollen Zeiten, welche für Oester
reich und Steiermark auf den Tod Herzog Friedrichs des Streit
baren folgten bis zum Siege Kaiser Rudolfs und dem Tode
des Böhmenkönigs Ottokar.
Aber das ist nur die eine Seite des Interesses an Ulrich
von Liechtenstein, und nicht einmal die bedeutendere. Er hat
ihr eine andere Seite hinzugefügt, welche ihn zu einer der
interessantesten und charakteristischsten Erscheinungen des Mittel-
alters überhaupt gemacht hat. Ulrich nahm den ganzen poe
tisch-phantastischen Geist deö Ritterthums in der früheren und
schöneren Zeit desselben in sich auf, durchtränkte seine Seele
damit und gab ihm Ausdruck und Gestalt in Leben und Dich
tung zugleich. Er ist Minnesinger und Abenteurer, Phantast