— 155
Trotz dieser wiederholten Gunstbezeuguiig finden wir Karl
von Liechtenstein nun bald in dem ansbrechenden Streit zwischen
dem Kaiser und seinem Bruder Matthias auf Seiten des Letz
teren. Im Herbste des Jahres 1507 traf ihn völlig die Ungnade
des Kaisers, nach der gewöhnlichen Annahme deßhalb, weil der
selbe (vermuthlich durch seinen alten Gegner Berka) von dem
bedeutenden Antheile erfahren, den Karl an dem ihm verhaßten
Wiener Frieden genommen hatte. Uebrigens scheint seine Stel
lung in Prag schon vorher höchst unbehaglich gewesen zu sein
und er kein Hehl daraus gemacht zu haben. Er hatte mit darauf
gerechnet, durch seine persönliche Anwesenheit zur Bezahlung der
großen Summen zu gelangen, welche er zu Staatszwecken ge
liehen hatte, allein er sah sich darin getäuscht. Ebensowenig ver
mochte er ans den Gang der Ereignisse irgend Einfluß zu
gewinnen und die Dinge in Bewegung zu setzen. Es war ihm
unmöglich, zum Kaiser zu gelangen, und er war zu stolz, deßhalb
um die Gunst der Kammerdiener zu werben. Da unter den
Umständen im geheimen Rathe, dessen Präsidium er führte,
nichts zu thun war und die Beschlüsse fruchtlos verliefen, so
kümmerte er sich auch wenig darum. Den Vorwürfen, die ihm
deßhalb gemacht wurden, entgegnete er mit der Frage, was er
da thun solle; es sei kein Geld vorhanden und keine Mittel das
selbe herbeizuschaffen. Diese Worte wurden dem Kaiser hintcr-
bracht, und ein Streit, der sich in Folge dessen zwischen ihnen
erhob, führte den Bruch und die Trennung herbei. So wird
erzählt'). Karl legte sein Amt als Obersthofmeister nieder und
nahm zugleich seine wirkliche Entlassung als Landeshauptnwnn
von Mähren. In dieser letzteren Stellung erhielt er seinen alten
Gegner Ladislaus von Berka zum Nachfolger, der schon an der
Herbeiführung der kaiserlichen Ungnade betheiligt gewesen zu
sein scheint. Sein Nachfolger im Obersthofmeisteramt und im
Präsidium des geheimen Rathes wurde der Cardinal von
') Gindely, a. a. £>. I. 176.