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ms Auge gestochen haben. Ueber den Gefallenen erhob sich neuer
Kampf, aber Heinrich von Liechtenstein, der nun den Oberbefehl
übernahm, errang endlich nach hartem Kampfe einen vollständigen
Sieg. Die Ungarn flohen, aber der Sieg konnte nicht verfolgt
werden, da die Oesterreicher, klagend über den todten Herrn, zu
seiner Leiche nach Neustadt zurückkehrten. So lautet die gewöhn
liche Erzählung. Etwas anderes stellt Ulrich von Liechtenstein in
seinem Franendienst die Begebenheit dar. Nach ihm hatte eine
Schaar Reußen den Streit eröffnet; ihnen sei Heinrich von
Liechtenstein, „der Muthes reiche," die Fahne in der Hand mit
einer Schaar entgegengezogen; zwischen beiden Schaaren sei dann
der Herzog erschienen und habe die Seinen mit ermunternden
Worten angeredet, wobei er übersehen, wie von hinten die Reußen-
schaar heransprengte, die ihn niederwarf und tödtete. Darnach
erst entbrannte unter Anführung Heinrichs, des „biderben Mannes,
der sich geberdete ungleich einem Zagen" die Hauptschlacht; viele
Leute wurden an der Seite des Liechtensteiners erschlagen, bis
erst die Reußen, dann auch die Ungarn flohen, und Heinrich
einen vollständigen Sieg errang >).
Die Männlichkeit und Tapferkeit Heinrichs von Liechtenstein,
welcher sein Namensverwandter, der Dichter Ulrich, an dieser
Stelle ein so schönes Denkmal setzt, rühmt derselbe auch noch
ein anderesmal, als beide auf des Sängers oben erzählter Artus-
fahrt bei Neustadt schon einige Jahre stüher (1240) zusammen
trafen. Auch damals befand sich Heinrich bei dem Herzog und
eilte dem heranrückenden König Artus mit zwölf seiner Reiter
dienstwillig entgegen und stand ihm dann im Turnier zur Seite 2).
Herr Heinrich von Liechtenstein, sagt der Dichter, hieß mit Recht
„der männliche und war des Leibes gar ein Degen", aber eine
Tugend sei ihm doch abgegangen, ohne welchen Mangel sein Ruhm
in allen Landen verbreitet gewesen sein würde; diese Tugend war
1) Ulrich von Liechtenstein Frauendienst 525 ff.
2) Frauendienst, 470, 497.