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Herzog Otto war geneigt zu erscheinen, verlangte aber
von den steirischen Herren schriftliche Erklärungen, daß sie ihn
und seine Mannschaft durch die Pässe und in ihre Burgen
einlassen sollten. Eine Anzahl der Herren gab auch diese Er
klärung ab, Otto von Liechtenstein war aber nicht unter ihnen.
Seine Klugheit scheint ihn von extremen Schritten abgehalten
zu haben, mit der Berufung des Baiern stimmte er nicht über
ein, und noch viel weniger konnte er zu denjenigen gehören,
welche dem Grafen Heunburg die herzogliche Würde für seinen
Sohn versprochen hatten.
Herzog Otto ließ es sich mit den gegebenen Erklärungen
genügen und rückte im Verein mit dem Erzbischof von Salz
burg mit Heeresmacht in Steiermark ein. Mittlerweile waren
auch die steirischen Herren, Friedrich von Stubenberg und der
Graf von Heunburg an der Spitze, losgebrochen, aber die
tapfere Vertheidigung von Bruck, das belagert werden mußte,
hielt den Erfolg auf und machte das Unternehmen zu einem
Winterfeldzug. Währenddeß hatte auch Herzog Albrecht in
Oesterreich gerüstet und brach im Februar 1292 von Neustadt
auf, um trotz des strengen Winters und der hochverschneiten
Straßen den Seinen in Steiermark zu Hülfe zu kommen.
Das Hinausziehen des Erfolgs, die Leiden des Winter
feldzugs, der drohende Heranmarsch Herzog Albrechts ließen
die Stellung der Steirer und ihrer Bundesgenossen schwierig
und nicht ungefährlich erscheinen; die letzteren namentlich durften
nach der Ankunft Herzog Albrechts bei etwaiger Niederlage auch
ihrer aller Gefangennahme erwarten, da die Rückzugswege
verschneit waren. Die baierischen Ritter wurden deßhalb sehr
unzufrieden und riethen ihrem Herzog sowie dem Erzbischof,
das Unternehmen aufzugeben und nach Hause zurückzukehren.
Sie machten dabei insbesondere ans einen Umstand aufmerk
sam: „der Alte von Liechtenstein, sagten sie, sei der klügste
Mann im Lande, einer der vordersten und mächtigsten unter
den Edlen, auf den die Menge vor allen schaue; sei er ein-