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ruhig und klar gegenüberstanden, hatte ihr freundschaftlicher Verkehr
an Inhalt und Reiz gewonnen. Beide fühlten sich gestärkt und er-
muthigt auf ihrer eigenen Bahn. Keines hat den anderen in
Charakter und Denkart umgeändert oder auch nur ins Schwanken
gebracht. Es hat auch fernerhin an leisen Störungen und
kleinen Plänklergescchten nicht gefehlt, denn sie stritten über vieles
hin und her. Gewiß war Joseph der wirkungsreichere, immer
mehr der gebende und sie der empfangende Theil. Obwohl sie
beide in unlösbarer Freundschaft mit einander verbunden waren,
obwohl ihr Joseph ein tiefes Vertrauen bewahrte, blieb Eleonore
im vollen Gegensatz zu seinem Denken und Fühlen. Jin Sommer
schrieb er ihr kleine Briefe über sein Leben, seine Fahrten und
Unterhaltungen. Sie freute sich seiner Freundschaft und war
deren sicher."
Was zuweilen die Freundschaft trübte, war einerseits die
Liebe zu ihrem Manne, wenn sie glaubte, daß demselben Unrecht
vom Kaiser geschähe, wie dies schon oben erwähnt worden, dann
aber auch der Gegensatz ihrer politischen und religiösen Ansichten
zu denen des Kaisers, ein Gegensatz, der lebhafter hervortrat
seit jener Zeit, da Kaiser Joseph nach dem Tode seiner Mutter
seine Reformen begann. Sie dachte und fühlte mit dem Adel
und der Geistlichkeit und widerstrebte der Aufklärung. Indeß
that dieser Gegensatz der Freundschaft keinen Eintrag und der
intime Verkehr im Kreis der Fürstinnen ging fort wie früher,
nur unterbrochen durch die Reisen des Kaisers und durch den
Sommer, oder vielmehr durch den Herbst, denn die Damen
wohnten im Sommer gewöhnlich längere Zeit in Laxenburg.
Die Fürstin Eleonore liebte aber nicht den Hof, und zumal
als die Jahre kamen, wo die Refornien des Kaisers zu scheitern
drohten und Wolken den politischen Horizont verfinsterten, hielt
sie sich gerne fern. Sie liebte Ruhe und Stille und den Frieden
des Gemüths, was alles sic nur auf dem Lande finden konnte.
Daher war sic gerne in Kromau und pflegte dort den intimen
Verkehr mit Gemahl und Kindern, deren sich eine stattliche