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um diesen, dessen baldigen Tod man erwartete, nicht zu kränken.
Die Kaiserin vermeinte ihm damit etwas sehr Gutes zu thun,
und Fürst Karl war dankerfüllt'), doch erhielt er das Com-
mando selbst erst im Jahre 1775. Auf diesem Posten konnte
er vereinigt mit seiner ganzen Familie wieder in Wien leben 2 ).
Er wohnte in der Wallnerstraße.
Der Streit um die bayrische Erbfolge nach dem Tode des
Kurfürsten Maximilian Joseph im Jahre 1778 rief den Fürsten
Karl zwar wieder in das Feld, aber nicht in den Krieg, denn
bekanntlich kam es nicht zu kriegerischen Ereignissen. Kaiser-
Joseph hatte seine Hauptarmee in Böhmen auf dem rechten
Ufer der Elbe zusammengezogen, mit dem Centrum um Bunzlau,
von hier aus den Einbruch König Friedrichs erwartend. Bei
dieser Hauptarincc commandirte Fürst Karl ein Corps, welches
sich auf dem linken Flügel befand; seine leichten Truppen waren
am linken Ufer der Elbe postirt und beobachteten die sächsische
Grenze bei Peterswalde 3 ).
Es gab in diesem Kriege keine Lorbeeren zu holen. Die
Heere standen einander lange gegenüber, zogen ab und nahmen
andere Stellungen, ohne daß der angreifende Theil, König Fried
rich, einen wirklichen Angriff, eine Schlacht wagte. Nur Laudon, der
das Commando auf der westlichen Seite hatte, zog sich vor dem
Prinzen Heinrich zurück, und der Zustand in seiner Armee flößte
eine Weile dem Kaiser Joseph große Besorgnisse ein; er fand
weder in dem commandirenden General, in Laudon, die alt
gewohnte Energie, noch hinlänglichen Muth und Entschlossenheit
bei den ihm zunächst stehenden Generalen. Kaiser Joseph über
zeugte sich persönlich durch mehrtägigen Aufenthalt bei Laudon's
Armee; er fand die Klagen bestätigt und schrieb darüber (13. August)
an seine Mutter, fügt aber in Betreff des Fürsten Karl Liechten-
') Arneth, IX. 490; Bergs. Arneth, Briefe der Kaiserin Maria
Theresia IV. 389, 390.
-) Wolf, 142.
3 ) Arneth, X. 441.