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Ihre Majestät die Kaiserin wollen mir erlauben Euch die
angenehme Nachricht zu geben, daß sic Eurem Bruder Karl das
goldene Vließ, dem Fürsten Johannes aber das Regiment Eures
Onkels habe zugedacht; für Euch, mein Fürst, bleibet mir nichts
mehr übrig als Euch meine Achtung und Freundschaft anzutragen,
welche Euer Charakter schon lange verdient hat. Lebet wohl. Wenn
die Souveräne alle Tage von dergleichen Zügen der Erkenntlichkeit
könnten gerühret werden und man seinen Gesinnungen den Lauf
lassen könnte, so wäre es keine Bürde; aber die Pflichten sind
so selten in Uebereinstimmung mit unseren Gesinnungen, daß
ungeachtet des guten Augenblicks ich doch noch davon die
Last empfinde. Bezeiget meine Ehrerbietung, ich bitte Euch,
der Fürstin, Eurer Schwägerin und der Frau von Wallerstein.
Ich will hoffen, daß ihre Gesundheit nicht darunter leiden
werde, so ihr gutes Herz sie möchte empfinden machen, welches
alle besorgen, so ihren angenehmen Umgang lieben. Glaubet
mich allzeit Joseph."')
Wie wahr und aufrichtig die Gesinnungen der Freund
schaft der Kaiserin für den Fürsten Wenzel waren, daß das
jenige, was sie dem Fürsten Franz schrieb, nicht offiziell ge
schrieben war, darüber haben wir das schönste Zeugniß in einem
gleichzeitigen Briefe an ihren Sohn den Erzherzog Ferdinand 2 ).
Sie schreibt in demselben (13. Februar 1772): „Sie werden
mein Compliment den Khevenhüllers machen wegen des Todes
meines alten guten Freundes, des Fürsten Wenzel; die Kheven-
hüller 3) wird daran sehr betroffen sein. Ich bin cs sehr, denn
es ist einer von den Menschen, deren man nicht mehr findet.
Ich war bei seiner Kirchenfeier diesen Morgen in St. Michael;
die ganze Kirche war voll. Die ganze Artillerie bildete die Ehren
garde. Ich habe viele Leute weinen sehen, was sehr chrenwerth
st Rach der ungenügenden Übersetzung in Walbergs Osnsalogäa;
die Originale scheinen verloren zu sein.
st Arneth, Briefe der Kaiserin Maria Theresia I. 102.
3 ) Schwester des Fürsten Franz Liechtenstein.
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