Volltext: Gutachten des Professors Dr. Julius Landmann in Basel über die Frage der Einführung der Frankenwährung in Liechtenstein

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all denjenigen, die dank ihrem Kriegserwerb oder 
gar Kriegsgewinn, während des Krieges die Mög 
lichkeit neuer Kapitalanlagen hatten, nun gesetz 
lich noch Sondervorteile zu- sichern. 
. Zwischen diesen beiden. Extremen, Umrechnung 
zum Kurse des Umrechnungstages und Umrech 
nung zur ehemaligen Kronenparität, liegt.das 
ivirtschastliche und sozialpolitische. Optimum, das 
darin bestünde- alle im Zeitpunkte der Währungs 
reform bestehenden Kronenforderungen nach dem' 
Kurse des Tages, an welchem sie begründet wur 
den, umrechnen zu lassen. Diesem Grundsätze 
gemäß hätte beispielsweise der Hypothekargläubiger, 
der im Jahre 1913 ein Kapital-von 70,000 Kr. 
ausgeliehen hat, nun von seinem Schuldner 73,500 
Franken zu fordern, wogegen die Forderung des 
Hypothekargläubigers, der im Dezember 1915, da 
der Kurs von 100 Kr. mit zirka 70 Fr. notiert 
ivurde, 70,000 Kr. ausgeliehen hat, nun auf 
49,000 Fr. umzuschreiben wäre. Wer im. De 
zember 1915 bei der Sparkasse 1000 Kr. einge 
zahlt hat, hätte nun 700 Fr. zu fordern, wogegen 
eine Einzahlung von 1000 Kr. bei der 'Sparkasse 
im September 1917 nur mit 410 Fr., und eine 
solche von 1000 Kr. im Dezember 1918 nur mit 
300 Fr. in Rechnung -zu stellen wäre. Eine 
Schuldverschreibung über 1000 Kr., ausgestellt 
im Juli 19.17, wäre auf 40Q Fr. umzuschreiben, 
wogegen ein im August 1919 ausgestellter, nach 
Durchführung der Währungsreform zur Zahlung 
fälliger Wechsel nur mit 120 Fr. einzulösen wäre. 
Der Grundsatz, daß alle bestehenden Kronen 
forderungen nach dem Kurse des Tages, an wel 
chem sie begründet wurden, umzurechnen sind, 
»Erde jedem Gläubiger Anspruch auf genau den 
selben Geldwert in Franken einräumen, den dieser 
Gläubiger bei Begründung des Schuldverhältnisses 
dem Schuldner m Kronen zur Nutzung über 
lassen hat. 
Wenn diese Lösung vorstehend als das wirt 
schaftliche und soziahwlitische Optimum bezeichnet 
ist, so kann dies nicht bedeuten, daß nicht noch 
zahlreiche andere, sehr wohl diskutable Lösungs 
möglichkeiten beständen. Fragen dieser Art wer 
den in der empirischen Wirklichkeit nicht nach einem 
theoretisch konzipierten Optimum, sondern im 
harten Kampfe wirtschaftlicher Interessen entschie 
den. An vorliegenden Falle wird es sich um 
einen Ausgleich zwischen Gläubiger- uyd Schuldner 
interessen handeln. Je stärker die Schuldner 
interessen die Entscheidung beeinflußen, desto stärker 
wird das Umrechnungsverhältnis durch den Kronen 
kurs am Umrechnungstage bestimmt werden. Und 
daß die gesetzliche Bestimmung des Umrechnungs 
verhältnisses dem. Schuldnerinteresse gebührende 
Rechnung trägt, ja wird tragen müssen, dafür 
bürgt im Voraus zur Genüge die eine Tatsache, 
daß das Land selbst, weil es für die Verbindlich 
keiten seiner Sparkasse haftet, diese Interessen als 
seine eigenen wahrzunehmen genötigt ist... 
Wie immer auch die aus diesem Kampfe wirt 
schaftlicher Interessen hervorgehende Entscheidung 
geartet -sein mag, für jeden Fall wird formal zu 
empfehlen sein, bei der gesetzlichen Bestimmung des 
Umrechnungsverhältnisses vom Kurse der. Krone im 
Zeitpunkte oer Begründung des Schuldverhältnisses 
auszugehen,.um alsdann den nach diesem Kurrse er 
rechneten Frankenbetrag um eine bestimmte Quote, 
deren.Höhe festzusetzen Sache eines, wirtschaftspvli- 
tischen Kompromisses zwischen Gläubiger- iund 
Schuldnerinteressen märe,, jpi reduzieren. Nach 
stehend sei beispielshalber eine solche Kompromiß 
lösung skizziert: 
1. Die am Tage des Inkrafttretens des Wäh 
rungsgesetzes bestehenden Kronenschulden' sind in 
Franken umzurechnen. 
. 2. Die Umrechnung ist, soferne die Schükdver- 
bindlichkeit vor dem 1.. August 1914 begründet 
wurde, nach dem Verhältnis von 100 Kr.' gleich 
105 Fr. vorzunehmen; erfolgte die Begründung 
des Schuldverhältnisses nach dem 1. August.1914, 
so ist der Umrechnung der Kronenkurs der Zürcher 
Börse im Durchschnitt des Monats, in welchem'die 
Schuldverbindlichkeit entstanden ist (vergl. Tabelle 
S. 14), zu Grunde zu legen. 
3. Ergibt die nach den Bestimmungen end 2 
durchgeführte Umrechnung einen Fratikenbetrag, 
der höher ist als derjenige, der sich nach dem Kro 
nenkurse der Zürcher Börse am Tage der Veröffent 
lichung des Währungsgesetzes ergäbe,-so ist dieser 
Frankenbetrag um 30% der Differenz zu redu 
zieren. 
NB. Die Quote von 30% ist nur heispielshülbet 
eingesetzt. Je nach dem Schwergewicht, mit welchem 
die Gläubiger- und die Schuldnerinteressen zur 
Geltung kommen, werden an Stelle von 30% 
vielleicht 40, 50 oder 60% eingesetzt werden. 
Gleichviel, .welche Gestalt diese-..für die Umrech 
nung bestehender Kronenverbindlichkeiten tri. solche 
der Frankenwährung maßgebenden gesetzlichen. Be 
stimmungen erhalten werden, für jeden Fall werden 
.sie, soferne nicht Umrechnung nach dem Kronen 
kurse des Umrechnungstages proklamiert wird, 
dem Gläubiger infoferne einen wirtschastlichey Vor 
teil bringen, als sie ihn-vor dem Kapitalverlust 
im -vollen Umfange, der Kronenentwertung be 
wahren. Mit Hinblick auf die dem Lande, aus der 
Währungsreform erwachsenden finanziellen Lasten 
erscheint es angemessen und geboten,-die Kläubi- 
? er, welchen diese Reform. Unmittelbar zugute 
ommt, zur Tragnng dieser Lasten mit heranzu 
ziehen. Dies könnte am zweckmäßigsten durch, eme 
Sonderabgabe erfolgen, die anläßlich der^ amtlichen
	        

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