Volltext: Liechtenstein in Europa

der Monarchie gegen die revolutionären Kräfte109. So fand sich Alois II. schliesslich in der Nähe des Ministerpräsidenten Schwarzen­ berg, und er folgte ihm in Richtung auf den Neoabsolutismus. All dies spiegelte sich unverkennbar in seiner Politik gegenüber dem eigenen souveränen Staat. Aber Alois war auch der Mann, der durch­ aus die Notwendigkeit der Erneuerung sah und auch diesen Weg hätte einschlagen können. Er hätte ohne Frage den reformerischen 1860er Jahren ein anderes Profil gegeben als der gutwillige, aber noch unerfahrene Johann II. So war es ein Verhängnis, dass der Tod den Fürsten bereits 1858 hinwegraffte. Konservative Bundespolitik und österreichischer Zollvertrag Er hatte freilich zuvor eine bemerkenswerte, für das Fürstentum Liechtenstein folgenreiche Weichenstellung vorgenommen. In ihr spiegelte sich auch sein Verhältnis zur Kirche, geprägt durch eine Hinwendung zum erneuerten Katholizismus, der schon politisch viru­ lent wurde: 1850 hatte Alois II. einen zusätzlichen Gesandten auf dem erneuerten Bundestag bestimmt. Die Wahl fiel auf Justin Timo­ theus Baltasar von Linde (1797-—1870)110, der sich als katholischer Westfale benachteiligt fühlte und damit zum entschiedenen Preussen- gegner wurde — aus einer ursprünglich aufklärerischen Position schwenkte er immer mehr zu einer «ultramontanen» Haltung. Linde hatte 25 Jahre in Hessen-Darmstadt gewirkt, vor allem als Kanzler der Universität Giessen, aber auch als konservatives Mitglied der Stände. In Giessen hatte er sich als reaktionärer Administrator und vorzüglicher Reformator der Universität erwiesen111. Es ist bezeich­ nend für Linde, dass er gleichermassen der Vertrauensmann Metter­ nichs und der grosse Protektor einer wissenschaftlichen Revolution war: in der Biographie Justus von Liebigs spielt Linde eine zentrale Rolle112. Der hochkonservative, katholische Linde gehörte auch der 109 Hier zeigt sich erneut die Doppelrolle des Fürstenhauses — der Chef des Hauses ist regierender-souveräner Fürst, die.Brüder gehören der Armee oder der Bürokratie der Habsburger, Monarchie an. Dies wiederholt sich bei man­ chen anderen Mitgliedern des Deutschen Bundes, ist aber nirgendwo so ausT geprägt wie beim Hause Liechtenstein. 110 ADB 18, 1883", S. 665—672. Ich beabsichtige-eine kleinere Studie über die Tätigkeit Lindes. 111 P. Moraw, Kleine Geschichte der Universität Giessen 1607—1982,1982, S. 152 f. 112 Vgl. J. Volhard, Justus Liebig, 2 Bde., 1909. 88
	        

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