Volltext: Liechtenstein in Europa

staatlicher Züge, freilich langsam und undramatisch48. Es war ohne­ hin klar, dass Liechtenstein eine selbständige Politik grossen Stils nicht treiben würde. Der Landesherr blieb vor allem Mitglied der Wiener Hofgesell­ schaft40; von dieser Position tastete er sich in den Deutschen Bund hinein. Als Linie der Politik lässt sich ein behutsames Festhalten an den Souveränitätsrechten ausmachen; man agierte streng formal, ohne sich zu exponieren und etwaige Pressionen der Wiener Politik zu provozieren, die diese Souveränität relativieren würden. Erst spät schloss sich Fürst Johann I. der Gruppe der deutschen Kleinstaaten auf dem Wiener Kongress an50. Obgleich es nahelag, dass gerade in Wien die dortige Hofkanzlei aktiv geworden wäre, beauftragte der Fürst den reussischen Vizekanzler Georg Walther Vinzenz von Wiese mit seiner Vertretung; damit reihte er sich in das kollektive Handeln der kleineren deutschen Fürsten ein51. Johann I. war an der Verfassungsfrage sehr interessiert; er zeigte konservative deutsch­ patriotische Züge. Wiese erreichte für Liechtenstein neben den Fürstentümern Reuss, neben Schaumburg-Lippe, Lippe und Waldeck einen Sitz in der 48 Eine Gesamtdarstellung des Deutschen Bundes fehlt leider — wohl auch infolge des lange nachwirkenden Verdikts von Heinrich von Treitschke. Es ist jedoch nicht zu unterschätzen, welche1 Bedeutung die politische Ruhe gewann, die der Bund durch fünfzig Jahre garantierte und die'nur einmal ernstlich durch die Revolution von 1848/49 unterbrochen wurde. Wie immer man die zunehmen­ den reaktionären Tendenzen des Bundes beurteilen mag, so hat sein politischer Rahmen die innere Konsolidierung- der 
; deutschen Staaten ermöglicht — das Beispiel Liechtenstein steht hier nicht allein: E. R. Huber, Deutsche Verfas­ sungsgeschichte seit 1789, Bd. 1, 1957, S. 583—687. 49 Im Wiener Hof konservierten sich - sehr stark Elemente der alteuropäischen Zeit, wenngleich auch hier ein ständiges. Vordringen bürokratischer Züge fest­ zustellen ist — sehr deutlich wird dies in der Beachtung konstitutioneller For­ men durch den Kaiser Franz Joseph, der durchaus die Züge eines obersten Bürokraten seines Reiches hatte, wenngleich daneben der traditionsreiche Wie­ ner Hof in durchaus altertümlichen Formen weiterlebte. 60 Dazu: Quaderer, .Geschichte, S. 201—207. Zum Hintergrund: K. Griewank, Der Wiener Kongress -'und die europäische'.Restauration 1814/15, 
21954. — H. A. Kissinger, A world restored. Castlereagh, Metternich änd.the restauration of the peace 1812—1822, 1957. Dt.; Übersetzung'1962. — H. Nicolson,' Der Wie­ ner Kongress oder die Einigkeit unter Verbündeten11812—1822, 1945. 51 Bezeichnenderweise vertrat Wiese ausser den beiden Reuss auch Hohenzollern- Sigmaringen. 64
	        

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