denn es war eine österreichisch geprägte, also eine josephinische, keine napoleonische Reform, die vor allem in den Jahren 1808—1812 einen bemerkenswerten Höhepunkt erreichte. Es war typisch für die Zwit terstellung Liechtensteins zwischen Rheinbund und Österreich, dass sich der Reformimpuls hier in spezifisch josephinischen Formen durchsetzte. Der Preis, den das Land, wiederum parallel zu anderen Rheinbundstaaten, zu bezahlen hatte, war das Ende der landschaft lichen Verfassung und die Ersetzung ihrer Relikte durch das unein geschränkte Regiment des bürokratisch-autoritär wirkenden fürst lichen Oberamts37. Der Druck der Kriegsfinanzierung regte offen sichtlich die Erneuerung des Steuerwesens und die Schöpfung der Grundbücher an. Kirchenpolitisch wurde der Geist des Josephinismus hochgehalten. Schuppler suchte mit der Fackel der Aufklärung in das Land hineinzuleuchten. Dennoch regten sich gegen die massiven Eingriffe der Obrigkeit in die überkommenen Lebensformen Un ruhen. Die Erhebungen in Tirol und Vorarlberg38 schienen 1809 auch nach Liechtenstein hinüberzugreifen39. Es war jedoch eine Bewegung zur Verteidigung einer altständischen Welt gegen die obrigkeitlich bürokratisch bestimmte Wende zur Moderne, ähnlich wie in Tirol. Dass der Fürst im kaiserlichen Heere focht, mochte einerseits die Liechtensteiner zusätzlich angespornt haben. Aber wie ein Jahrzehnt zuvor in manchen deutschen Kleinstaaten kam die Forderung nach 37 Zur Beseitigung der Landstände und Landschaften im Rheinbund: O. Stein wachs, Der Ausgang der landschaftlichen Verordnung in Bayern, in: Ober bayerisches Archiv 55 (1910), S. 60—138; 56 (1912), S. 37—58; 57 (1913), S. 38—117. — E. Weis, Absolute Monarchie und Reform im Deutschland des späten 18. und frühen 19.' Jahrhunderts, in: Geschichte in der Gesellschaft. FS K. Bosl, 1974, S. 436—461.. — W. Grube, Der Stuttgarter Landtag 1457— 1957. Von den Landständen zum demokratischen Parlament, 1957, S. 469—. 486. — Hölzle, Altes Recht und Revolution. — F. Hermann, Die Aufhebung der Verfassung der hessen-darmstädtischen Landstände im Ausgang des 18. Jahr hunderts, 1933. — Ders., Zur Aufhebung der Verfassung der althessischen Land stände im Jahre 1806, in: Archiv für Hessische Geschichte 28 (1963), S. 317— 342. 38 J. Hirn, Tirols Erhebung im. Jahre 1809,
21909. — F. Hirn, Geschichte Tirols von 1809—1814, 1913. — H. v. Voltelini, Forschungen zur Geschichte des Tiroler Aufstands 1809, 1909. — H. Kramer, Andreas Hofer, "1970. — Ders., P. Johann Haspinger, 1938. — M. Dühäri, Napoleon et l'Allemagne. Le systime Continental et les d^buts du royaume de Baviere 1806—1810, 1912, S. 248—272, 646—671. — F. Hirn, Vorarlbergs Erhebung im Jahre 1809, 1909. — B. Bilgen, Geschichte Vorarlbergs IV: Zwischen Absolutismus und halber Autonomie, 1982, S. 205—243. 38 Die Erhebungen in Tirol' und Vorarlberg griffen nicht nur nach Liechtenstein aus. Auch in dem nunmehr , bayerischen- Schwaben gab es Unruhen, etwa in Kempten und in anderen" an Tirol angrenzenden Gebieten. Zu den liechtenstei nischen Unruhen: Malin, Geschichte: S. 129—145. 60