Volltext: Liechtenstein in Europa

Bereits vor dem Ende des Alten Reiches hatte jedoch, von Wien aus­ gehend, ein Vorstoss zur Modernisierung des Fürstentums begonnen. Dieser wurde nun dadurch erleichtert, dass mit dem Fortfall der Reichsinstitutionen keine Klageinstanz gegen die Massnahmen der Regierung33, kein Schutz für die überkommene im Reichsrecht ver­ ankerte Landesverfassung mehr bestand. Nun hatte die Hofkanzlei freie Hand — eine Klage der Untertanen in Vaduz und Schellenberg vor den Reichsgerichten wegen Verletzung älterer Rechte war nicht mehr möglich. So kam es zur Kollision zwischen dem Modernisie­ rungswillen des Hauses und den traditionellen Freiheitsrechten des Landes. Die bürokratischen Reformen des Landvogts Schuppler Die bürokratische Reform Liechtensteins wird von der jüngeren Ge­ schichtsschreibung des Landes relativ kritisch gesehen seit dem Ver­ dikt Peter Kaisers — und doch wird man sie, verkörpert durch den Landvogt Joseph Schuppler34, nicht gering achten dürfen. Die Lei­ stung des mährischen Beamten, der 1808—1827 das Land verwaltete, bedeutete nichts weniger als die Heranführung Liechtensteins an eine modernere Zeit; Schuppler konnte nur in einigen Bereichen, vor allem im Schulwesen, auf Massnahmen seines Vorgängers Menzinger35 zu­ rückgreifen, der noch einer patriarchalischen Zeit entstammte und dem Land stärker verbunden war. Die Gestalt Schupplers entsprach den rheinbündischen Reformern36, aber er war kein liechtensteinischer Montgelas oder Reitzenstein, 39 Das Problem der Bedeutung der Reichsinstitutionen für die Kreditfähigkeit der Territorien ist bis heute nicht deutlich genug hervorgehoben worden. Bis 1806 gab es die Möglichkeit, einen zahlungsunwilligen oder -unfähigen Fürsten entweder vor dem Reichshofrat oder vor dem Reichskammergericht zu ver­ klagen — der Wegfall dieses Instruments reduzierte natürlich die Kreditfähig­ keit, da man künftig Willkürhandlungen befürchten musste. Die Frage der Wiedererrichtung von Landständen innerhalb und nach der napoleonischen Epoche hing mit dieser Frage unmittelbar zusammen. Vgl. Press, Römisch­ deutsches Reich. 34 A. Ospelt, Die Landesbeschreibung des Landvogts Josef Schuppler aus dem Jahre 1815 (Textedition mit Einleitung), in: JBL 75 (1975), S. 189—461. — Vgl. auch G. Marxer, Die Schule unter Schuppler, in: JBL 28 (1928), S. 147—156. 35 M. Menzinger, Die Menzinger in Liechtenstein, in: JBL 13 (1913), S. 5—29. 36 Zu den rheinbündischen Reformen vgl. die unter Anm. 23 zitierte Literatur. 59
	        

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