Volltext: Liechtenstein in Europa

100jährige Jubiläum des berühmten Vortrages von Rudolf von Ihering in Wien vom 11. März 1872 feiern.34 Der grossartige Weckruf «Der Kampf ist die ewige Arbeit des Rechtes», den der grosse deutsche Rechtsgelehrte in diesem Vortrag — der zu einer der erfolgreichsten Schriften der ganzen juristischen Weltliteratur werden sollte — erho­ ben hat, ist heute aktueller denn je! Das Recht hat diese Hilfe nötig. Was der Kampf um Recht und Freiheit auch heute noch vermag, dafür haben wir in der Gegenwart ein wunderbares Beispiel: Lech Walesa.35 Auch hier hat es der Kleinstaat leichter. Das Volk steht dem Recht in mehrfacher Hinsicht irgendwie näher — bei der Setzung wie bei der Anwendung — als im Grossstaat. In den besser überblickbaren Zusammenhängen tritt dem einzelnen Bürger immer wieder die Auf­ forderung vor Augen: «Es geht um deine Sache!» Der einzelne wird weniger entmutigt als dort, wo er dem Leviathan gegenübersteht und durch das Gefühl der Ohnmacht zur Resignation gedrängt wird. Der Kleinstaat ist in besonderer Weise auf das Recht angewiesen, in der Völkergemeinschaft wie in der innerstaatlichen Ordnung! Ein Fünftes: Kleinstaat und soziale Gerechtigkeit Eine der grossen Aufgaben der letzten Jahrzehnte war die Fortbil­ dung des Rechtsstaates zum sozialen Rechtsstaat.36 Der Kleinstaat kann zwar auch diese grosse Aufgabe verfehlen. Auch er kann an Ungerechtigkeiten festhalten. Und doch hat er es wiederum in mehr­ facher Hinsicht leichter, jener Anforderung gerecht zu werden. Un­ ser grosser Pädagoge Heinrich Pestalozzi, der auch ein bedeutender Staats- und Sozialdenker gewesen ist, hat schon vor 150 Jahren die 34 Der Kampf ums Recht, Hundert Jahre nach der berühmten Rede, NZZ vom 9. April 1972, S. 49f. 35 Lech Walesa — ein grosser Freiheitskämpfer, in: Festschrift Hans R. Jenny zum 70. Geburtstag, S. 71—79. 36 Der Kampf kann richtigerweise nicht in der einfachen Richtung gehen, wie es die simplistische Antithese immer wieder formulieren will: «Sozialstaat statt Rechtsstaat»-oder «Rechtsstaat statt Sozialstaat». Es, gibt keine Verwirklichung der sozialen Gerechtigkeit ohne' Rechtsstaat, wie ' andererseits • der Rechtsstaat sich nicht ohne soziale Gerechtigkeit wirklich'entfalten'kann. Gegenüber der schlagwortartigen Antithese,'welche die Klarheit der rechtspolitischen Zielset­ zung gefährlich bedrohte, . versuchte üchviri--der-Zeit des Überganges zur Nach-, kriegspolitik anstelle der-bequemen'Antithese'die. herausfordernde Synthese zu setzen: «Rechtsstaat—• Sozialstaat — sozialer.Rechtsstaat!», Jahrbuch der NHG, 1945, S. 129ff. 32
	        

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