Volltext: Liechtenstein in Europa

monarchische Absolutismus war der erste entscheidende Schritt. Im 17. und 18. Jahrhundert waren die Kleinstaaten noch ein starkes, hem­ mendes Moment. Das napoleonische Reich hat dann aber viele der kleinstaatlichen Gebilde beseitigt, neben zerfallenden auch lebens­ fähige und blühende! Die Heilige Allianz war zum ersten Mal ent­ scheidend und ausschliesslich ein Europa der Grossmächte. Die revolutionären Bewegungen des 19. Jahrhunderts schufen bzw. konsolidierten die Grossstaaten der nationalen Einigung in mehr oder weniger schroff zentralisierter Form. Die Situation des Kleinstaates ist jedenfalls in den letzten zwei Jahrhunderten immer schwieriger geworden. Ihre Existenz als selbständige («souveräne») Staaten wurde erschwert; viele haben sie — vorübergehend oder dauernd—überhaupt verloren. Und die andere äusserst bedeutsame Entwicklung: Auch die kleinstaatliche Gemeinschaft als Unterbau und corps intermediaire ist mehr und mehr geschwächt oder beseitigt worden.14 Angesichts dieser Bedrohungen ist das Nachdenken über den Klein­ staat immer wieder neu angeregt worden. Die «Eule der Minerva» aber hat auch hier ihren Flug zumeist erst in der Dämmerung begon­ nen. Zwar hat schon frühzeitig in der abendländischen Geschichte, im frühen 5. Jahrhundert, Augustinus die grundlegenden Zusammen­ hänge klar gesehen: Einmal den unabdingbaren Zusammenhang zwi­ schen dem («rechten») Staat und der Gerechtigkeit. Er stellte seiner Zeit die bekannte herausfordernde Frage, die auch das 20. Jahrhun­ dert neu hören müsste: «Was sind Staaten ohne Gerechtigkeit anderes als grosse Räuberbanden (,magna latrocinia')?» Sodann die Zusam­ menhänge der Ordnung menschlicher Gemeinschaft mit der Grösse: Er warnt selbst die Guten davor, sich über die Ausdehnung der Reiche («de regni latitudine») zu freuen!15 Nicolö Machiavelli, der vielgeschmähte und oft missverstandene, hat mit seinem unbestechlichen Blick für die Lebensbedingungen der Staaten festgestellt, dass kleine republikanische Gemeinschaften sich zu ihrer Verteidigung zusammenschliessen müssen, dass aber auch 14 Historische Meditationen, Bd. II, S. 67ff. ls J.-J. Chevallier, a. a.O., Bd. I, S. 145ff.; Werner Kaegi, a.a.O., (Bd. I), S. 251, dortige Anm. 1; Augustinus, De civitate Dei, IV, 15 und III, 10; vgl. dazu auch Harald Fuchs, Der geistige Widerstand gegen Rom in der antiken Welt, 1938. 20
	        

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