hunderten des Zerfalls und der Schwäche, und der ländlichen Volks gemeinschaften («civitates») in Gallien, Britannien, Germanien. Eine eigentliche staatliche Autonomie — was man später «Souveränität» nannte — haben diese Bauerngemeinschaften zwar nur in wenigen Randgebieten des deutschen Reiches in gewissem Umfang zu behaup ten vermocht, im friesischen und sächsischen Norden und im schwei zerischen Süden. Aber auch der Grossstaat des Karolingerreiches war doch gezwungen, das Eigenleben der germanischen Sippen, Hundert schaften und Gaue zu achten.12 Mittelalter Die entscheidenden Initiativen — kulturell, wirtschaftlich, politisch — gingen jedenfalls während Jahrhunderten des späteren Mittelalters und der frühen Neuzeit vom städtischen Bürgertum der Kleinstaaten aus. Es kommt zu einer Blüte der städtischen Kleinstaaten in Italien, in Nordfrankreich, in Flandern, im Rheinland, in den Hafenstädten der Nord- und Ostseeküste. Und wo sich die einzelnen «civitates» gegenüber den werdenden grösseren Mächten nicht mehr allein zu behaupten vermochten, schlössen sie sich zu Föderationen (Bünden) zusammen: die Städtebünde in Italien, die Hanse im Norden; in der Schweiz die Bünde der Städte und bäuerlichen Gemeinwesen gegen die Burgunder und Habsburger u. ä. m. Auch diese Kleinstaaten haben übrigens ihre Krisen gehabt. In den italienischen Städten des 14. und 15. Jahrhunderts etwa finden sich Beispiele für
beide Formen der Entartung: für die Despotie von un ten, die Pöbelherrschaft, und für die Despotie von oben, die Tyran- nenherrschaft.13 Neuzeit War der Kleinstaat die natürliche Lebensform des Mittelalters, so wurde der Grossstaat zur beherrschenden Macht der Neuzeit. Der 12 Historische Meditationen, Bd. II, S. 49ff.; Ernst Meyer, Römischer Staat und Staatsgedanke, 1948, S. 330ff. (Weltreich und Ende). "Historische Meditationen, Bd. II, S. 61 ff.; J.-J. Chevallier, a.a.O., Bd. I, S. 145ff., 171 ff. 19