Volltext: Liechtenstein in Europa

Zum Sprachgebrauch nur die eine Bemerkung: Die meisten Sprachen verwenden zur Umschreibung des hier ins Auge gefassten Sachver­ haltes einfach das übliche Adjektiv: «le petit Etat», «the small State». Einzig die italienische und die deutsche Sprache haben, soweit ich sehe, einen besonderen Begriff: im Italienischen «statino» oder «sta- terello», im Deutschen «Kleinstaat».7 Diese: Wörter wurden in beiden Staaten im Ringen um die umfassenderen Nationalstaaten geschaffen. Es klingt darin etwas nach von der Ablehnung, ja vom Hohn auf diese kleinstaatlichen Gebilde, in denen man das grosse Hindernis auf dem Wege zur nationalen Einigung und zur Grossmacht zu er­ kennen glaubte. «Kleinstaaterei» war in jener Zeit ein grosses Schimpfwort, — für viele recht eigentlich die politische Todsünde. Es ist müssig, einen irgendwie ziffernmässig bestimmbaren, allgemein­ gültigen Begriff des Kleinstaates anzustreben. Es handelt sich um einen konventionellen Begriff: einige Zehntausend für die antiken Poleis, einige Hunderttausend für einzelne Stadtstaaten der Renais­ sance; die Kleinstaaten im 19. und 20. Jahrhundert umfassten z. T. sogar einige Millionen Einwohner. Es geht uns im folgenden aber nicht nur um diese souveränen Klein­ staaten, sondern umfassender: um die Bedeutung der engeren Gemein­ schaften und ihrer (relativen) Selbständigkeit im Rahmen grösserer politischer Gebilde, oder anders ausgedrückt: um den Aufbau der umfassenderen Gemeinschaften von unten her, auf Grund der Auto­ nomie und der Mitverantwortung der engeren Verbände. Diese Frage ist ein Grundproblem und ein Schicksalsproblem aller 
Integration, wenn anders die zu schaffende Einheit auf 
Freiheit beruhen soll.8 Aber zunächst ein kurzer Blick zurück. Der Kleinstaat in der Geschichte und Ideengeschichte Wir können hier keine Geschichte des Kleinstaates geben. Im raschen Rückblick können wir nur einige historische Situationen aufweisen, in denen der Kleinstaat tatsächlich die dominierende politische Le­ bensform war: eine machtvoll sich behauptende Selbstverständlich­ 7 Vgl. Werner - Kaegi, Historische Meditationen,; Zweite Folge (nachstehend als Bd. II bezeichnet), Zürich 1946, S. 47f. 8 Vgl. dazu die Literaturangaben oben in Anm. 3. 16
	        

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