Der so in seinem äusseren Ablauf umschriebene KSZE-Prozess ist ohne Zweifel eines der kompliziertesten und gewagtesten Verhand lungssysteme in der Geschichte der europäischen Diplomatie gewor den. Er umfasst ausser Albanien alle Staaten Europas, sowie die USA und Kanada. Es gibt vorzügliche Veröffentlichungen an Hand derer man sich über die Entwicklung des Ost-West-Verhältnisses, die schliesslich zur Kon ferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa führte, sowie über deren Verlauf orientieren kann. Dem Europa-Archiv kommt das Verdienst zu, die wesentlichen Texte in zwei Bänden zugänglich gemacht zu haben.6 Im folgenden geht es nicht darum zu wieder holen, was man auch anderenorts lesen kann. Aus der Optik eines neutralen Beobachters soll versucht werden, einen einzigartigen Vor gang der europäischen Diplomatie der Nachkriegszeit, seinen beson deren Platz im Entspannungsprozess, seine Struktur, mit seinen Schwierigkeiten und Möglichkeiten so darzustellen, dass eine verant- wortungsbewusste Wertung vorgenommen werden kann. Warum ist das so schwer? Die KSZE wurde von vielen ihrer Befür worter mit schlechten Gründen propagiert und von vielen ihrer Geg ner mit ungenügenden Gründen, ohne Sachkenntnis verworfen. Die KSZE ist ein Langzeit-Programm, ist Teil eines Ringens um die Lösung des Ost-West-Konfliktes in Europa. Was immer man unter einer solchen «Lösung» verstehen mag, ihren Wert oder Unwert wird die KSZE erst dem zeigen, der bereit ist, sich der Gesamtheit der bitteren Erfahrungen, die die europäischen Völker seit Beginn des Ersten Weltkrieges, seit November 1917, und seit dem Zweiten Welt krieg gemacht haben, zu stellen und der dann bereit ist, zu fragen: Wie kann, wie soll es weitergehen? Die Kenntnis der wichtigsten europäischen Konflikte dieses Jahrhunderts, deren Wirkungen ja aktuell sind, muss vorausgesetzt werden. • Beiträge und Dokumente aus dem Europa-Archiv: a) KSZE-Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, Bonn 1976; b) KSZE Das Belgrader Folgetreffen. Der Fortgang des Entspannungsprozesses in Europa, Bonn 1978, künftig zitiert als Europa-Archiv 1976 oder Europa-Archiv 1978 mit Seiten angabe. Weitere bedeutende Dokumentation bietet: Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE), 2 Bände, Köln 1973/1978, Verlag Wissenschaft und Politik. 136