Volltext: Liechtenstein in Europa

Hinter den hier unvollständig angereihten Vorgängen, die Anzeichen einer kulturellen Entwicklung darstellen, steht der deutliche Wirt- schaftsaufschwung des 1806 souverän gewordenen Kleinstaates. Der Aufschwung bezog sich vorerst auf die Landwirtschaft (Ackerbau, Obst-, Wein- und Gemüsebau, Tierhaltung), dann auf das Gewerbe (Nahrungsproduktion, Gastgewerbe, Textilgewerbe, Holzverarbei­ tung, Baugewerbe, Handel) und schliesslich auf die beginnende erste Industrialisierungsphase. Die Anfänge der Industrialisierung riefen nach der Regelung der sozialen Fragen im allgemeinen, wie Arbeits­ zeit, Schaffung von Inspektoraten, Organisation der Arbeitnehmer, Eingrenzung der Kinderarbeit (die 1865 grundsätzlich verboten wurde). Alle aufgezählten Massnahmen und Vorgänge verursachten Neuerungen im Geld- und Kreditwesen, was unter anderem durch die Gründung der Liechtensteinischen Landesbank im Jahre 1861 zum Ausdruck kam.19 Das Wirtschaftswachstum zeitigte vorteilhafte Auswirkungen auf das Verkehrswesen (Strassen, Eisenbahnbau in den Jahren 1870/72, Postwesen und Energiewirtschaft). Bedingt durch das wachsende Nettosozialprodukt erhielt der Staatshaushalt positive Impulse. Wenn man also die Entwicklung Liechtensteins in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts betrachtet, so fällt das stete Wachstum in allen Bereichen der damaligen Wirtschaft auf. Damit setzte auch eine merkliche Profilierung im eigentlichen kulturellen Bereich ein. Aus der cultura agri wuchs eine cultura animi im Sinn der Wortentwick­ lung bei Cicero. Wie reagierte die der blanken Armut entronnene liechtensteinische Bevölkerung? Zeichen setzen Irgendwie musste der neue bescheidene Wohlstand im geistig-kultu- rellen Bereich Ausdruck finden. Die vom traditionellen Christentum des 19. Jahrhunderts geprägte Bevölkerung fand vorab im Bau reprä­ sentativer Kirchen ein ausdrucksstarkes Zeichen frommer Selbstdar- Gabriel Rheinberger und die Kammermusik, Gesellschaft Schweiz Liechtenstein, Schriftenreihe Nr. 3, St. Gallen 1978; Josef Gabriel Rheinberger, Briefe und Dokumente seines Lebens, hrsg. von Harald Wänger und Hans-Josef Irmen, 3 Bde., Vaduz 1982/1983. 18 Otto Seger, Hundert Jahre Liechtensteinische Landesbank, 1861—1961, Vaduz 1961. 117
	        

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