Volltext: Liechtenstein in Europa

Glied eines auf das ewige Heil zustrebenden Gottesvolkes. Hienieden aber soll das Leben in Angemessenheit und Mass gestaltet werden. Die Gegenbewegung zur nur religiös ausgerichteten Weltauffassung setzte in der Renaissance ein. Die Humanisten disqualifizierten das Mittelalter als roh und dunkel, eine Unterstellung, die heute noch von vielen geglaubt oder mindestens als unreflektierte Redeweise ver­ wendet wird. Aufklärung und Klassik orientierten sich ganz am römischen Kulturbegriff. Dichter, Philosophen und Pädagogen be­ kannten sich zu einem evolutiven Kulturbegriff, der über Stufen und Ebenen zu immer grösserer Vollkommenheit und Komplexität führt. Die bürgerliche Kultur des 19. Jahrhunderts galt als eine kaum über­ bietbare Entwicklungsstufe, und auch die marxistischen Theoretiker sahen im Gebrauch der menschlichen Schöpferkräfte, verbunden mit dem Streben nach Vervollkommnung der Menschen, eine erstrangige Aufgabe kultureller Betätigung. Die Philosophen Max Müller und Alois Halder definierten Kultur als «Gestaltung seiner selbst und seiner Welt, die der Mensch als geistiges Wesen vollbringt, also die Entwicklung und Veredlung der natürlichen Fähigkeiten des Men­ schen, der aus dem Menschen herausgesetzten äusseren Lebenseinrich­ tungen, endlich der in der äusseren Natur gegebenen Existenzbedin­ gungen. Die subjektive Kultur ist weithin mit Bildung und Gesittung gleichwertig; objektive Kultur ist das vom Menschen geschaffene Werk, besonders Wissenschaft, Kunst, Recht usw. Zur objektiven Kultur rechnet man auch die Mittel der Kultur, wie Forschungsinsti­ tute, Schulen, Theater, Wirtschaftsordnungen, soziale Einrichtun­ gen»2. Von der Bodenkultur zum kulturellen Schaffen in Liechtenstein Der fürstliche Hofrät Georg Hauer schrieb 1808 von Vaduz an Fürst Johann I. (1760—1836) in Wien: «Wenn der Schöpfer seyn Schöp­ fungswerk vollendet und die ersten Menschen zur Kultur des Bodens 1 Müller Halder, Herders kleines; philosophisches Wörterbuch, Freiburg 1958, Stichwort Kultur. .Leopold- Kohr;'Die Überentwickelten oder: die Gefahr der Grösse, Düsseldorf-Wien, 1962, 70ff. unterscheidet zwischen «biologischen» und «kulturellen» Bedarfsgütern. 112
	        

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